Michail Saakaschwili im Porträt:Rastloser Revolutionsheld

Die Rosenrevolution ist ihm leichtgefallen, seitdem müht sich Präsident Saakaschwili an der Transformation Georgiens ab. Jetzt demonstriert das Volk gegen den Revolutionshelden.

Barbara Vorsamer

Georgiens Präsident Michail Saakaschwili schrieb einmal: "Es ist viel leichter, eine Revolution zu machen, als einen scheiternden Staat in eine gut funktionierende Demokratie umzubauen."

Michail Saakaschwili im Porträt, AP

Michail Saakaschwili - Jahrgang 1967 - bei seiner Amtseinführung 2004.

(Foto: Foto: AP)

Er muss es wissen - schließlich hat er in beidem Erfahrung.

2003 stürzte er Eduard Schewardnadse, seinen Vorgänger als Präsidenten, praktisch nur mit einer Rose in der Hand. Mit Blumen bewaffnet stürmten Saakaschwili und seine Anhänger das Parlament, nachdem sie bereits Wochen gegen Wahlmanipulationen der Regierung demonstriert hatten.

Daraufhin musste Schewardnadse zurücktreten und sein einstiger Ziehsohn wurde mit fast unheimlichen 96 Prozent zu seinem Nachfolger gewählt. Saakaschwilis Partei "Vereinte Nationale Bewegung" kam bei den Parlamentswahlen auf 70 Prozent. Die OSZE beurteilte diese Wahlen als "fair".

Eine steile Karriere: Nachdem der Georgier in Kiew, Straßburg, Florenz und New York Internationales Recht studiert und als Anwalt in New York gearbeitet hatte, rekrutierte ihn der damalige Präsident Schewardnadse 1992 für eine "junge Elite". 1995 wurde Saakaschwili ins Parlament gewählt, drei Jahre später übernahm er den Fraktionsvorsitz von Schewardnadses Mitte-Links-Partei "Georgische Bürgerunion" (SMK). 1997 bekam der oft als macht- und selbstbewusst charakterisierte Politiker das Amt des Justizministers.

In der Tradition von Margaret Thatcher

In der Funktion überwarf er sich aber schnell mit seinem Förderer, weil Saakaschwili in seinem Kampf gegen Korruption auch gegen widerrechtlich gebaute Luxusvillen von Ministern vorgehen wollte. Das war Schewardnadse und seinen Kabinettskollegen zu viel. Saakaschwili verließ nach diesem Streit das Kabinett und ging in die Opposition, was schließlich in die Rosenrevolution mündete.

Mit seiner Partei "Vereinte Nationale Bewegung" sieht er sich in der Tradition von Margaret Thatcher: "Ich habe sie immer bewundert und hoffe, ich kann für Georgien einen Bruchteil dessen tun, was sie für Großbritannien getan hat", sagte Saakaschwili im Wall Street Journal.

Angetreten als rigider Antikorruptionskämpfer, Demokratiebefürworter und Freund des Westens konnte der Populist Saakaschwili jedoch nur zum Teil seine Verheißungen einlösen. Denn kaum an der Macht, änderte er die Gesetze zu seinen Gunsten: Er gab dem Präsidenten - also sich selbst - das Recht, den Premier und die Minister zu ernennen, das Parlament aufzulösen, die wichtigen Mitglieder der Wahlkommission zu bestimmen und bei der Ernennung von Richtern mitzureden.

Anscheinend hat das jüngste Staatsoberhaupt Europas nur begrenztes Vertrauen in demokratische Strukturen. Stattdessen bündelt er die Macht lieber da, wo er sie gut aufgehoben glaubt, nämlich bei sich. Er gilt als fleißiger und rastloser Arbeiter, der wenig Schlaf braucht und seine Mitarbeiter auch um zwei Uhr morgens noch mit Aufträgen versorgt.

Demonstrationen gegen den Revolutionshelden

Mit diesem Engagement hat er es geschafft, im Inneren des maroden Staates Georgien funktionierende Strukturen aufzubauen, die Steuereinnahmen des Landes zu vervielfachen und die alltägliche Kleinkorruption einzudämmen. Deswegen konnte Saakaschwili zunächst weiter auf Rückhalt in der Bevölkerung bauen. Auch die USA und die EU, wichtige Verbündete für das kleine Georgien, das sich wegen abtrünniger Provinzen im Zwist mit Russland befindet, ließen ihn gewähren.

Doch nun gehen die Leute nach vier Jahren erneut gegen die georgische Regierung auf die Straße. Diesmal gegen ihren einstigen Revolutionshelden Saakaschwili, der nun zeigen muss, dass er mit der Situation besser umgehen kann als Schewardnadse. Bisher tut er das nicht.

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