Mexiko:Zur falschen Zeit im falschen Bus

Mexiko ermittelt seit einem Jahr im Fall der 43 vermissten Studenten. Noch immer sind alle Fragen offen und mögliche Schuldige zahlreich.

Von Boris Herrmann, Mexiko-Stadt

Offiziell sind sie alle tot. Für die mexikanische Regierung ist das wohl schauerlichste Verbrechen in der jüngeren Geschichte dieses Landes längst aufgeklärt, schon seit Januar. Da trat der damalige Generalstaatsanwalt Jesús Murillo Karam vor die Presse und erzählte eine Geschichte, die er als die "historische Wahrheit" bezeichnete. Demnach sind 43 Lehramtsstudenten der Escuela Normal Rural von Ayotzinapa in der Nacht des 26. Septembers 2014 zunächst von Polizisten der Stadt Iguala verhaftet und dann an Söldner des Drogenkartells Guerreros Unidos ausgeliefert worden. Laut Karam wurden die jungen Männer mit Kopfschüssen getötet, ihre Leichen auf einer Müllkippe verbrannt, die Asche, die Zähne sowie die Knochenreste in einen Fluss geschmissen. Als mutmaßlicher Auftraggeber wurde Igualas Bürgermeister José Luis Abarca verhaftet. Als Auftragsmörder präsentierten die Behörden einen Mann na-mens Felipe Rodríguez Salgado, genannt El Cepillo, die Bürste. Fall erledigt. Inzwischen ist fast ein Jahr vergangen, seit die Studenten verschwanden. Und wenn es in dem weltweit Aufsehen erregenden Fall überhaupt eine Gewissheit gibt, dann nur diese: Gar nichts ist erledigt.

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