Messerattentat:"Kein politisches Attentat"

Der Mann, der den Bürgermeister von Altena angriff, erhält eine Bewährungsstrafe.

Von Christian Wernicke, Düsseldorf

Der Angreifer, der im November 2017 den Bürgermeister von Altena, Andreas Hollstein, anfiel und mit einem Messer am Hals verletzte, muss voraussichtlich nicht ins Gefängnis: Das Landgericht verurteilte den 56-jährigen Werner S. am Montag zu zwei Jahren Haft auf Bewährung. Die Attacke sei "kein politisches Attentat" gewesen, sagte der Vorsitzende Richter Jörg Weber-Schmitz. Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft den Vorwurf fallen gelassen, der Täter habe den CDU-Politiker ermorden wollen. Verurteilt wurde der an Depressionen leidende Mann wegen gefährlicher Körperverletzung.

Die Tat am Abend des 27. Novembers hatte nationales Aufsehen erregt. Denn Altena galt als bundesweite Modellkommune bei der Integration von Geflüchteten. Bürgermeister Hollstein hatte mehr Flüchtlinge in die sauerländische Kleinstadt geholt als das Land Nordrhein-Westfalen ihr zugewiesen hatte. Erste Indizien sprachen für eine ausländerfeindliche Tat: Der arbeitslose S., dem zuvor von der Stadt Strom und Wasser abgestellt worden waren, hatte den Bürgermeister in einem Döner-Imbiss attackiert und gerufen: "Ich stech' dich ab - du lässt mich verdursten und holst 200 Ausländer in die Stadt!"

Ermittlungen ergaben jedoch keinerlei Verbindungen des Täters in rechtsextreme Netzwerke. Während des Prozesses bestritt S. ausländerfeindliche Motive, er habe "aus Verzweiflung" gehandelt. Bei einer Begegnung mit Hollstein im Gerichtssaal entschuldigte er sich. Der Bürgermeister nahm die Entschuldigung als Geste an, weigerte sich aber, dem Täter zu vergeben.

Der Verurteilte S. war bereits am Donnerstag voriger Woche aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Das Gericht konnte S. keinen "Tötungsvorsatz" nachweisen. Der Täter hatte den Bürgermeister eine knappe Minute von hinten umklammert und ihm das Messer an den Hals gehalten - zur Verletzung war es aber offenbar erst gekommen, als sich Hollstein mit Hilfe der türkischen Imbiss-Besitzer im Gerangel befreite. Dabei habe S. "keine Stichbewegung" ausgeführt.

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