Die Zuwanderer aus Südeuropa und der Türkei, die in den fünfziger und sechziger Jahren nach Deutschland kamen, betrachteten Gesellschaft und Politik lange als "Gastarbeiter". Integrationspolitik war für die CDU lange kein Thema. 1997 verlangte eine Gruppe von CDU-Politikern um den heutigen Umweltminister Norbert Röttgen, die Ausländerpolitik müsse endlich einen höheren Stellenwert erhalten. Die Gruppe verlangte auch eine Liberalisierung des Staatsangehörigkeitsrechts und die Möglichkeit für Zuwandererkinder, den deutschen Pass zu erhalten. Die Einstellung der Parteimehrheit war weniger liberal: Als Rot-Grün 1999 die doppelte Staatsbürgerschaft einführen wollte, startete die Union eine Unterschriftenkampage, in der sie an Überfremdungsängste in der Bevölkerung appellierte.
Unter Angela Merkel hat sich die Integrationspolitik der Union gewandelt. Wolfgang Schäuble lud als Innenminister 2006 zur Islamkonferenz ein, in Nordrhein-Westfalen schuf die CDU ein Integrationsministerium, in Niedersachsen wurde 2010 mit Aygül Özkan erstmals eine Muslima als Ministerin vereidigt. Angela Merkel bezog Stellung gegen Thilo Sarrazins antimuslimische Thesen und Bundespräsident Christian Wulff verkündete, der Islam gehöre zu Deutschland. Die CDU betont jedoch weiterhin die Verantwortung des Einzelnen, sich in Deutschland zu integrieren. Auf dem CDU-Parteitag im Oktober 2010 kündigte die Partei an, sogenannten "Integrationsverweigerern" keine Toleranz entgegenzubringen.
Zwischen der liberalen Führungsriege der Partei und der Basis bestehen derweil große Unterschiede, was Integrationspolitik angeht: Für Irritationen sorgen etwa die Beschlüsse der Senioren-Union vom Oktober 2010. Die Senioren haben vorgeschlagen, Zuwanderer, die Sozialhilfe in Anspruch nehmen, auszuweisen und Eltern, die nicht seit mindestens zwölf Jahren Deutsche sind, das Kindergeld zu streichen. Auch Niedersachsens CDU-Innenminister fällt durch einen Vorschlag auf: Uwe Schünemann schlägt vor, Kinder ausländischer Eltern sollten mit guten Schulnoten die Abschiebung ihrer Familien verhindern.