Merkel verteidigt G-8-Ergebnisse:"Heiligendamm ist ein Schritt von ganz, ganz vielen"

Der Gipfel von Heiligendamm klingt nach auf dem evangelischen Kirchentag. Während die Kanzlerin die Ergebnisse des Treffens verteidigt, kommt deutliche Kritik von Horst Köhler: Der Bundespräsident ärgert sich über die Arroganz der Europäer gegenüber Afrika.

Köhler fand deutliche Worte auf dem protestantischen Laientreffen in Köln: "Es wird immer noch von oben nach unten geschaut", sagte er. Europa gebe sehr viel Geld für Entwicklungshilfe aus, schaffe es aber nicht, die Zusammenarbeit auf eine gleichberechtigte Ebene zu bringen, auch weil man noch zu sehr in den kolonialen Denkweisen verhaftet sei, sagte Köhler und fügte unter dem Applaus des Publikums hinzu: "Aber wir dürfen die Afrikaner nicht für dumm verkaufen."

Kanzlerin Merkel mit Friedensnobelpreisträger Yunus

Kanzlerin Merkel mit Friedensnobelpreisträger Yunus

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Der Bundespräsident kritisierte, dass noch zu sehr in den herkömmlichen Strukturen gearbeitet werde. Der frühere Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF) schloss dabei ausdrücklich IWF, die Weltbank und die G-8-Staaten in seine Kritik mit ein.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach Merkel sprach sich nachdrücklich für weltweite soziale und umweltpolitische Mindeststandards aus. Nur so könne Globalisierung gelingen, sagte die CDU-Politikerin. Der Gipfel von Heiligendamm sei dabei nur "ein Schritt von ganz ganz vielen auf der ganzen Welt", sagte Merkel. Man müsse in diesem Zusammenhang aufhören, auf Erlösungserlebnisse zu hoffen, mit denen die Probleme der Welt vom einen Tag auf den anderen gelöst würden.

Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus, der mit Merkel über das Thema "Weltwirtschaft gestalten" diskutierte, zeigte sich enttäuscht über den G-8-Gipfel. Das ursprüngliche Ziel, die Armut in der Welt bis zum Jahre 2015 zumindest zu halbieren, werde offenbar nicht weiter verfolgt, kritisierte der Wirtschaftswissenschaftler aus Bangladesch.

Zu einem Zwischenfall kam es bei der Veranstaltung vor rund 6.000 Menschen, als etwa zehn Besucher per Megafon mit einer Protest-Version des Liedes "Danke für diesen guten Morgen" anstimmten und unter anderem sangen: "Danke, liebe Angie, für solche Unverfrorenheit."

Veranstalter sehen neue Kirchentagsbegeisterung

Bereits einen Tag vor Ende des Kirchentags zogen die Organisatoren am Samstag eine positive Bilanz. Generalsekretärin Ellen Ueberschär sagte, die Balance zwischen inspirierendem Glaubensfest und politischem Forum sei gelungen. Kirchentagspräsident Reinhard Höppner erklärte, die Veranstaltung sei in Köln angekommen und angenommen worden. Er habe eine neue Kirchentagsbegeisterung gespürt. Zudem sei der Kirchentag ökumenischer geworden, als er erwartet habe.

Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Nikolaus Schneider, erklärte, das Treffen habe Wege im vertrauensvollen Umgang der Kirchen miteinander gezeigt. Der Kirchentag habe bei der Ökumene Lust auf mehr geschaffen. Aber trotzdem müsse man die nötige Geduld haben. Ausdrücklich lobte Schneider den Kölner Kardinal Joachim Meisner, der sich in einer Weise dem Kirchentag geöffnet habe, "wie wir das vorher nicht für möglich gehalten hätten".

Am Sonntagmorgen geht der Kirchentag mit einem Gottesdienst am Rheinufer zu Ende. Die Veranstalter sprachen von annähernd 110.000 Dauerteilnehmern, hinzu kamen rund 50.000 Tagesteilnehmer. Beim Abend der Begegnung - einem Straßenfest in der Kölner Innenstadt nach dem Eröffnungsgottesdienst - zählten die Organisatoren sogar rund 400.000 Menschen.

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