Merkel und Hollande:Mit Klartext gegen die Krise der EU

Wenn sich die Regierungschefs der EU in Bratislava zu einem Sondergipfel treffen, wollen Berlin und Paris die Probleme der Union offen ansprechen - und den Worten anschließend vor allem auch Taten folgen lassen.

Von Daniel Brössler, Christian Wernicke, Brüssel

Einen Tag vor dem Sondergipfel von 27 EU-Staaten haben Deutschland und Frankreich ihre Positionen demonstrativ abgestimmt. Bundeskanzlerin Angela Merkel traf sich in Paris mit Frankreichs Präsident François Hollande. Europa befinde sich "an einem sehr entscheidenden Zeitpunkt", sagte sie im Anschluss. Ziel sei eine "Agenda von Bratislava, die deutlich macht, dass wir entschlossen sind, auch auf die Schwächen, auf die Aufgaben, die sich uns stellen, gemeinsam zu reagieren", kündigte Merkel an. Die Agenda solle die Hoffnungen und Wünsche der Menschen aufnehmen, müsse aber zugleich realistisch sein. "Am Schluss überzeugen die Bürgerinnen und Bürger vor allem Taten", so Merkel. Hollande warnte, die EU-Krise nach dem Brexit-Beschluss könne "zu einer existenziellen Krise für Europa werden". Die verbleibenden 27 Mitgliedsstaaten müssten den Bürgern deshalb "eine klare Vision" offerieren.

Nach dem Votum der Briten für einen Austritt aus der EU soll der Gipfel, der ohne Premierministerin Theresa May stattfindet, einen Erneuerungsprozess der Union in Gang setzen. "Die Menschen in Europa wollen wissen, ob die politischen Eliten in der Lage sind, die Kontrolle über die Ereignisse und Entwicklungen wiederzugewinnen, die sie überwältigen, verwirren und manchmal erschrecken", schrieb EU-Ratspräsident Donald Tusk in seinem Einladungsbrief. Tusk wünsche keine Freundlichkeiten, sondern eine lebhafte Aussprache, hieß es. In Paris äußerte ein Berater des Präsidenten die Erwartung, dass es zu einer "ehrlichen Aussprache auch darüber kommt, was nicht funktioniert". Dies zielt auch auf jüngste Kontroversen um die Flüchtlingspolitik. In einer ersten Arbeitssitzung sollen die Staats- und Regierungschefs deshalb über Unzulänglichkeiten der EU sprechen, bevor sie eine Straffung der Arbeitsweise im Europäischen Rat diskutieren. Als Ergebnis von Bratislava wünschen sich Merkel und Hollande eine Liste konkreter Verbesserungen und einen Zeitplan zu ihrer Umsetzung bis zum 25. März 2017, dem 60. Jahrestag der EU-Gründerverträge von Rom. Zu diesem Zweck haben Berlin und Paris Vorschläge zu einer besseren Sicherung der EU-Außengrenzen inklusive der Registrierung aller Ein- und Ausreisen präsentiert.

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