Merkel:Tapferkeit vor den Freunden

Mitten im Wahlkampf stellt die CDU-Chefin mehrere Landesverbände in den Senkel.

Von Robert Roßmann

Über die Bundeskanzlerin heißt es oft, sie vermeide klare Aussagen und entziehe sich jedem Konflikt. An diesen Klagen ist nicht alles verkehrt. Sozialdemokraten, die sich mit Angela Merkel messen, fühlen sich wie in einem Kampf mit einer Ringerin, die sich mit Schmierseife eingerieben hat. Umso erstaunlicher ist die Härte, zu der die Kanzlerin im Umgang mit ihrer eigenen Partei gefunden hat.

Merkel hat die Hamburger CDU in den Senkel gestellt, weil sie nach dem G-20-Gipfel den Rücktritt von SPD-Bürgermeister Olaf Scholz verlangt hat. Merkel hat sich gegen die Berliner CDU gestellt, die den Flughafen Tegel auch nach einer Eröffnung des BER offen halten will. Und Merkel hat die CDU-Abgeordneten im Landtag von Sachsen-Anhalt abgekanzelt, die einem Antrag der AfD zugestimmt haben. Dazu passt Merkels Verhalten gegenüber der CSU, die ja auch so eine Art Landesverband der Unionskanzlerin ist. "Zur Obergrenze ist meine Haltung klar: Ich werde sie nicht akzeptieren", hat Merkel im ARD-Sommerinterview versprochen.

In all diesen Fällen ist Merkels Deutlichkeit erfrischend. Die CDU-Chefin beweist Tapferkeit vor den Freunden - und das sogar im Wahlkampf, in dem parteiinterne Konflikte gern vertuscht werden. Es wäre schön, wenn Merkel jetzt auch noch zu einer derartigen Tapferkeit gegenüber ihren politischen Gegnern fände.

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