Merkel spricht auf CDU-Parteitag:Huldigungen für die Konkurrenzlose

  • Angela Merkel wird auf dem CDU-Parteitag mit 96,7 Prozent wieder zur CDU-Vorsitzenden gewählt.
  • In Ihrer Rede bleibt die Kanzlerin vage, die Delegierten applaudieren ihr dennoch über 10 Minuten.
  • Ob sie nach 2017 noch einmal antritt, lässt Merkel weiter offen.

Von Thorsten Denkler, Köln

Angst hat sie diesmal sicherlich nicht gehabt. Brauchte sie auch nicht. Angela Merkel ist zum achten Mal in Serie zur CDU-Vorsitzenden gewählt worden. Die Kanzlerin erhielt auf dem Bundesparteitag in Köln 96,7 Prozent der Stimmen. Ihr bisher zweitbestes Ergebnis.

Vor 24 Jahren allerdings, da hatte sie ganz schön Bammel. Auf dem Fusionsparteitag der CDU-Ost mit der CDU-West in Hamburg. Für Angela Merkel war das der Beginn einer langen und steilen Karriere in der Partei. Damals habe sie reden müssen. Kohl habe ihr geraten, sie solle nicht über Politik reden, sondern aus ihrem Leben erzählen. Eine schöne Anekdote, die Merkel, kurz vor ihrer Wiederwahl, den Delegierten in ihrer Rede auf dem Parteitag erzählt.

German Chancellor Merkel waves after she delivered her speech at the Christian Democratic Union (CDU) party convention in Cologne

Unangefochten: Kanzlerin Angela Merkel

(Foto: REUTERS)

Aber warum nur? Es hat Spekulationen gegeben, ob sie 2017 noch einmal antreten will. Die einen Apologeten halten das für absolut sicher. Die anderen für völlig abwegig.

An dieser Stelle, kurz vor dem Ende ihrer Rede, wäre jetzt Platz, das mal klarzustellen. Und es scheint so, als habe sie genau das vor. Merkel zeichnet ihren Werdegang nach, zählt Erfolge auf. Klassische Dramaturgie für einen ganz großen Knüller. Und endlich der entscheidende Satz: "Deshalb sage ich hier aus voller Überzeugung: Gerne möchte ich auch weiter unserem Land dienen."

Ach so, aha. Weiter dienen. Bis 2017? Oder darüber hinaus? NRW-Landeschef Armin Laschet schenkt ihr vor der Rede ein Stück vom Kölner Dom. Er setzt die Bemerkung vorweg, an dem Dom sei 600 Jahre lang gebaut worden. Wenn das die Aufforderung an Merkel war, mindestens ebenso lang Kanzlerin zu bleiben, dann ist Merkel ihr immerhin insofern nachgekommen, als dass sie dem Land "weiter" dienen will.

Merkel legt sich nicht fest. Nie. Ist nicht ihre Art. Alles andere wäre eine Überraschung gewesen. Eine Erkenntnis, die Merkel an keiner Stelle ihrer Rede zu widerlegen gedenkt.

Ein paar Baustellen

In Merkels Welt ist alles in bester Ordnung, innenpolitisch zumindest. "Wir haben viel erreicht", beginnt sie. Damit ist der "Alles in Butter"-Teil eingeleitet. Niedrige Arbeitslosenquote, Wirtschaft brummt. Und dann: die schwarze Null. Ein "historische Leistung" bejubelt sie sich selbst. Und wer nun glaube, die CDU käme deswegen nicht aus ihrer Feierlaune heraus, dem hält sie entgegen, es gehe "um Deutschlands Zukunft!". Als wenn damit argumentativ alles gesagt wäre. "Die CDU tut Deutschland gut", das ist ihre Botschaft.

Sie nennt dennoch ein paar Baustellen. Die digitale Revolution etwa. Oder den demografischen Wandel. Interessant, dass sie ausgerechnet da die Mütterrente lobend erwähnt. Es klingt, als hätte sie ein Mittel gegen die alternde Gesellschaft gefunden, wenn Mütter von Kindern, die vor 1992 geboren wurden, pro Kind knapp 30 Euro mehr Rente bekommen. Das muss nicht jedem einleuchten.

"Wie viel kleiner will sich eigentlich die SPD noch machen"

Dafür aber biete die älter werdende Gesellschaft Chancen, "die man auf den ersten Blick gar nicht so erkennt", sagt Merkel. Für die Gesundheitswirtschaft etwa. Stimmt. Je älter die Menschen werden, desto öfter sind sie krank. Darin etwas Gutes zu sehen, erfordert dennoch einiges an Phantasie. Merkel bleibt schwammig. Das hat auch der Kompromiss zur kalten Progression gezeigt, einer Steuerungerechtigkeit in der Steuerkurve, die vor allem Mittelverdiener trifft. Die Mittelstandsvereinigung der CDU hat das Thema vorangetrieben. Merkel hätte es am liebsten liegengelassen. Jetzt sollen bis 2017 "finanzielle Spielräume" erarbeitet werden, sagt Merkel. Und wenn dann noch die schwarze Null stehe, dann, womöglich, könne die kalte Progression etwas abgemildert werden. Das sei alles bewusst "vorsichtig formuliert", sagt Merkel. Sie will ja nicht versprechen, was sie womöglich nicht halten kann. Was auch bedeutet, dass es womöglich doch nicht zum Abbau kommt. Mehr klare Haltung ist von Merkel kaum noch zu erwarten.

Deutlicher wird Merkel nur, wenn es um Außenpolitik geht. Sie wiederholt ihre Kritik an Putin: "Russland hat - und tut es weiter - gegen internationales Recht verstoßen." Die Nachbarstaaten würden von Russland nur noch als Einflusszonen wahrgenommen. Dennoch, zur Diplomatie gebe es keine Alternative. "Militärisch ist die Krise nicht zu lösen." Ihr Ziel: Die Ukraine solle "frei und selbstbestimmt" über ihre Zukunft entscheiden können. Wovon die Ukraine im Moment allerdings weit entfernt ist.

Eine Koalition mit den Grünen?

Schnell ist Merkel zurück in der Innenpolitik. Der SPD gibt sie einen mit, weil sie in Thüringen als Juniorpartner erstmal einen Linken zum Regierungschef gemacht hat. "Wie viel kleiner will sich eigentlich die SPD noch machen", sagt sie. Endlich kommt so etwas wie Jubel in der Messehalle 8 auf. Eigentlich müsste sich Merkel bei der SPD bedanken. Das rot-rot-grüne Bündnis in Thüringen macht wieder einen Lagerwahlkampf möglich. Weshalb sie wohl auch die FDP noch nicht abschreiben will. Die bleibe "unser natürlicher Koalitionspartner", sagt Merkel. Derzeit hört sich das allerdings eher nach einem Wunschtraum an. Die AfD erwähnt Merkel mit keinem Wort.

Und eine Koalition mit den Grünen? "Das ist ein neuer, interessanter Weg", sagt Merkel. Schränkt aber umgehend ein. Ihrem Eindruck nach sei er "gut für Hessen". Sie hätte es ja versucht, im vergangenen Jahr. "Wir wären bereit gewesen, eine solche Koalition zu wagen", sagt sie. "Manche Grüne waren es nicht. Schade drum."

Viel zu klatschen haben die knapp über 1000 Delegierten während der Rede nicht. Das lassen sie dann am Ende raus. Mehr als zehn Minuten applaudieren sie. Genug Zeit, sich zwischendurch noch eben einen Kaffee zu holen. Es ist ein Applaus der Alternativlosigkeit. Ist Merkel weg, geht es der Partei schlecht. Darum muss sie wohl bleiben. Ob sie das will, weiß nur sie selbst.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: