Menschenrechte:Hürden beim Familiennachzug

Schulpflicht, Gewaltschutzkonzepte, Integration: Ein Menschenrechtsbericht für Deutschland sieht Nachbesserungsbedarf in Asylfragen.

Von Christoph Dorner, Berlin

Das Deutsche Institut für Menschenrechte hält die jüngsten Verschärfungen im Asylrecht für bedenklich. "Die Aussetzung des Familiennachzugs ist mit der UN-Kinderrechtskonvention nicht vereinbar", schreibt das Institut in seinem ersten Bericht an den Bundestag. In der Praxis stoßen Flüchtlinge, die Anspruch auf unmittelbaren Familiennachzug haben, auf Hürden, heißt es. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge müsse auch bei einer beschleunigten Prüfung der Asylanträge individuelle Verfahren gewährleisten.

Das Institut lobt grundsätzlich, dass Deutschland im vergangenen Jahr in einer enormen Kraftanstrengung von Politik, Verwaltung, Zivilgesellschaft und Unternehmen 890 000 Menschen aufgenommen habe. Es sei nun Aufgabe der Politik, die Menschenrechte dieser Schutzsuchenden zu wahren, sagte die Institutsdirektorin Beate Rudolf bei der Vorstellung des Berichts in Berlin. Er konstatiert, dass in den Bundesländern weiterhin keine verbindlichen Mindeststandards bei der Aufnahme von Asylsuchenden existieren.

Zum Teil deutliche Unterschiede gebe es etwa bei der Unterbringung, der Umsetzung von Abschiebungen und der Integration, etwa durch einen diskriminierungsfreien Zugang zum Wohnungs- und Arbeitsmarkt. Eine gesetzliche Schulpflicht für geflüchtete Kinder bestehe nur in Berlin, Bremen, Hamburg, dem Saarland und Schleswig-Holstein. Vielen Kindern aus Erstaufnahmeeinrichtungen werde deshalb oft über Monate das Recht auf Bildung verwehrt. Auch bei der Einrichtung von Beschwerdestellen und der Umsetzung von Gewaltschutzkonzepten in den Flüchtlingsunterkünften sieht der Bericht vielerorts Nachholbedarf.

Er kritisiert außerdem, dass etwa 85 000 Menschen mit Behinderungen vom Recht zu wählen ausgeschlossen werden. Dies betrifft Behinderte mit einem Betreuer für all ihre Angelegenheiten und Straftäter in der Psychiatrie. Der Hinweis auf mögliche Wahlmanipulationen rechtfertige einen solchen Eingriff nicht, betonte Rudolf. Bislang haben nur Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein auf die UN-Behindertenrechtskonvention reagiert und ihre Gesetze angepasst.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: