Memoiren von Ted Kennedy:Das Leben als Aufholjagd

Schonungslos schildert der kürzlich verstorbene Edward "Ted" Kennedy, der letzte große Politiker der Dynastie, in seinen Memoiren sein illustres Leben - und gewährt einen kostbaren Blick ins Innenleben der Familie.

Mitglied einer Dynastie und Lebemann, Alkoholiker und "Senator des Jahrhunderts": Die Karriere von Edward "Ted" Kennedy, der am 25. August dieses Jahres starb, gehört zu den illustresten, die es in der Geschichte der USA jemals gegeben hat. In diesem Monat sollen nun seine Memoiren erscheinen.

Memoiren von Ted Kennedy: Edward "Ted" Kennedy als junger Mann. Demnächst erscheinen die Memoiren des kürzlich Verstorbenen.

Edward "Ted" Kennedy als junger Mann. Demnächst erscheinen die Memoiren des kürzlich Verstorbenen.

(Foto: Foto: AFP)

Die Auszüge, die die New York Times vorab präsentierte, versprechen einen interessanten Einblick in das Innenleben der Kennedys und einen schonungslosen Umgang Edwards mit all seinen Skandalen. Und sie spiegeln den integren Charakter des jüngsten der berühmten Kennedy-Brüder wider.

"True Compass", so der Name des Buches, das Kennedy gemeinsam mit Ron Powers verfasst hat, basiert auf den niedergeschriebenen Erinnerungen Edwards aus mehr als 50 Jahren und mehreren Stunden von Tonbandaufnahmen, die für ein Geschichtsprojekt an der Universität von Virginia gemacht wurden. Glaubt man der Times, so lässt Kennedy kein Kapitel aus seinem an spannenden Episoden nicht armen Leben aus.

Als "unentschuldbar" bezeichne er im Buch sein Verhalten vor und nach dem tragischen Unfall auf Chappaquiddick Island im Jahr 1969, bei dem er volltrunken eine Assistentin in seinem Wagen mitnahm und nahe einer unbefestigten Brücke ins Wasser stürzte. Die Frau, Mary Jo Kopechne, kam dabei ums Leben. Kennedy schreibt im Buch, dass er im Zuge dieses Ereignis - er hatte "verwirrt und voller Panik" agiert und den Unfall nicht gemeldet, bis die Polizei die Leiche fand - schreckliche Entscheidungen getroffen habe. Dinge, die er gern rückgängig machen würde.

Neue Informationen zum Unfallhergang seien im Buch zwar nicht zu entdecken. Doch die wahre Stärke des Buches werde hier wie in den anderen Kapiteln ersichtlich: der Blick ins Innenleben des Kennedy-Clans.

So beschreibt Edward, wie sehr sein Unfall auf Chappaquiddick die Familie belastete. So geht er davon aus, dass die Tragödie wahrscheinlich das Leben seines kranken Vaters noch einmal verkürzt habe.

Doch nicht nur beim Unfall geht Kennedy hart mit sich selbst ins Gericht. Auch seine Trinkeskapaden lässt er nicht aus. Offen und bedauernd beschreibt er seinen "selbstzerstörerischen Alkoholismus", dem er vor allem nach dem Tod seines Bruders Robert verfallen sei. Ein Ereignis, nachdem er aus Verzweiflung und Angst nicht vermochte, in den Senat zu gehen. Eine Zeit, in der er sich nicht auf die Arbeit konzentrieren konnte; in der er bei jedem lauten Knall zusammenzuckte.

Oft wurde Edwards lasterhaftes Leben als Flucht vor dem tragischen Schicksal seiner Familie angesehen. Auch hierbei zeigt er sich in seinem Buch schonungslos.

"Ich habe die Gesellschaft von Frauen genossen. Ich genoss meinen harten Drink oder zwei oder drei und auch den Geschmack eines guten Weins. Manchmal hatte ich zu viel von allem. Ich habe viele Geschichten von mir als Teufelskerl gehört: Manche waren akkurat, manche hatten nur ein Körnchen Wahrheit - und andere waren so empörend unwahr, ich konnte mir kaum vorstellen, dass sie jemand glauben könnte."

Einer der interessantesten Aspekte des Buches schließlich sind Edwards Gedanken über seine Brüder. Ihr Vater hatte den Wettbewerb unter seinen Kindern - vor allem seinen vier Söhnen - gefordert und gefördert. "Ted" gibt in seinem Buch zu, als Jüngster permanent das Gefühl der Unzulänglichkeit gespürt zu haben.

"Wettbewerb ist in Amerika der Weg zum Erfolg", schreibt Kennedy. "Wenn ich an meine drei älteren Brüder denke und an das, was sie schon erreicht hatten, als ich noch in meiner Kindheit steckte, kommt es mir manchmal so vor, als ob mein ganzes Leben eine einzige Aufholjagd war."

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