Meine Presseschau:Wenn der Diktator abgetreten ist

Lesezeit: 2 min

Simbabwes Diktator Robert Mugabe hat die Presse seines Landes unterdrückt. Trotzdem gab es immer wieder mutige und unabhängige Journalisten.

Von Bernd Dörries, Harare

Itai Dzamara saß gerade beim Friseur, als ein paar Männer in den Laden stürmten und ihn mitnahmen. Fast drei Jahre ist das her, Itai Dzamara ist seitdem verschwunden, sein Bruder vermutet, dass der Militärgeheimdienst ihn mitgenommen hatte, wegen der kritischen Artikel, die er über Robert Mugabe schrieb.

Es gab viele Itai Dzamaras in Simbabwe während der 37 Jahre der Herrschaft von Robert Mugabe. Der Diktator selbst sah sich sein Leben lang als Freiheitskämpfer, doch von der Freiheit der Presse hielt er offenkundig nicht sehr viel. Er hat es andererseits aber auch nie ganz geschafft, die Presse mundtot zu machen, für jeden verschleppten Journalisten kamen mehrere neue nach. Vor den Zeitungsverkäufern in der Hauptstadt Harare liegt deshalb auch nach fast vier Jahrzehnten Diktatur in Simbabwe eine erstaunliche Vielfalt von Titeln.

Der Herald ist im Staatseigentum und das Sprachrohr der Regierung. Jahrzehntelang gab es hier täglich mehrere Texte, die den "Genossen Mugabe" priesen, auch wenn er nur eine Bushaltestelle eröffnete. Nach dem Putsch der Militärs vorige Woche hat sich die Zeitung schnell auf die neuen Zeiten eingestellt. " Business as usual", titelte sie am Tag nach dem Putsch, was keine Parodie war, sondern dem erklärten Willen der Militärs entsprach, den Putsch nicht als Putsch wirken zu lassen. Am Freitag widmete sich der Herald mit großem Einfühlungsvermögen dem neuen Präsidenten Emmerson Mnangagwa, der aus der Sicht der Staatsjournalisten unter einem unmenschlichen Erwartungsdruck leide, in einem Land, in dem 90 Prozent der Menschen keine Arbeit haben. "Es ist wichtig, dass Präsident Mnangagwa wie ein Mensch behandelt wird, wie einer von uns. Im Zeitalter der Wunder haben viele Menschen unrealistische Vorstellungen davon, wie schnell ihre Armut ein Ende finden wird oder neue Jobs entstehen."

Weil es zu Hause keine Jobs gibt, sind etwa ein Viertel der 16 Millionen Simbabwer ins Ausland geflohen, die meisten nach Südafrika. Einer von ihnen ist Trevor Ncube, der es in Südafrika zum Eigentümer des respektablen Mail & Guardian gebracht hat. Immer wieder hat Mugabe versucht, den Unbequemen zum Schweigen zu bringen, ihm den Pass wegzunehmen. Trotzdem spürt Ncube offenbar keinen Hass, keinen Rachewunsch: "Ich habe keine Wut gegenüber Robert Mugabe. Die größte Strafe für ihn ist es zu sehen, wie die Menschen in Simbabwe seinen Abschied feiern. Wir werden unsere Leben nicht damit verschwenden, einen 93-Jährigen zu hassen. Wir werden es aber auch niemals zulassen, dass ein zweiter Mugabe kommt."

Die Daily News ist seit Langem die größte Zeitung Simbabwes, "Sagen, was passiert", steht in ihrem Titel. Weil sie aber oft zu viel von dem schrieb, was passierte, wurde sie immer wieder geschlossen, Bomben wurden auf die Redaktion geworfen. Nach dem Putsch schrieb die Zeitung: "Für die, die Augen und Ohren haben, waren die Zeichen immer deutlich zu sehen. Es steht seit zwei Jahrzehnten nicht gut um Simbabwe, und man musste nicht Weltraumtechnik studiert haben, um zu wissen, dass früher oder später etwas passieren würde." Und dann passierte es eben. Während andere Medien Mugabe in gewisser Weise zweiteilen, in einen Unabhängigkeits-Mugabe und den Diktator-Mugabe, zwischen denen zu trennen sei, der eine gut, der andere nicht, sagt die Daily News einfach, wie es aus ihrer Sicht ist: "Der schwarze Durchschnitts-Simbabwer ist heute um ein Vielfaches schlechter dran als vor der Unabhängigkeit." Schuld sei allein Mugabe.

© SZ vom 25.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: