Meine Presseschau:Wahlkampf ist Kampf

In Kenia sind Wahlen eine gefährliche Sache, die leicht Gewalt auslösen können. Die Journalisten versuchen, nicht noch Öl ins Feuer zu gießen.

Von Bernd Dörries, Kapstadt

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Im Vergleich zu Wahlen in Kenia ist die Bundestagswahl ein Kindergeburtstag. Ein gutes halbes Jahr haben sich dort die Parteien aufs heftigste befehdet, ehe am Dienstag die Wallokale öffneten. Die kenianischen Zeitungen berichten seit Monaten im Durchschnitt auf etwa 20 Seiten täglich. In Kenia suchen sich die Wähler ihre Partei weniger nach dem Programm aus, sondern nach der Ethnie, nach dem, was die jeweilige Partei der ihr nahe stehenden Volksgruppe verspricht. Es geht also ums Geld, was die Stimmung nicht unbedingt entspannt.

Dem konnten sich auch die Zeitungen nur bedingt entziehen, die nationalen Blätter drucken verschiedene regionale Versionen: In der Heimratregion von Oppositionschef Raila Odinga kommt dieser siegesgewiss auf die Titelseite. In der Heimat des Amtsinhabers Uhuru Kenyatta lächelt der Präsident auf der ersten Seite. So kann man nichts falsch machen und ist immer auf der Seite des Siegers. Den gab es bis zum Freitagnachmittag aber noch nicht. In den vorläufigen Ergebnissen liegt der Präsident vorne, die Opposition wittert Betrug, das Computersystem zur Stimmauszählung sei manipuliert worden. Die Lage ist gespannt, nach den Wahlen 2007 hatte es einen Gewaltausbruch mit 1200 Toten gegeben. Deshalb tragen die kenianischen Zeitungen nun eine besondere Verantwortung, nicht Öl ins Feuer zu gießen.

The Standard trägt die pathetische Zeile "Für Fairness und Gerechtigkeit" im Untertitel. Und genau so staatstragend appelliert die Zeitung nun an ihre Leser, doch Geduld zu haben, bis die endgültigen Ergebnisse feststehen. Und weil die Wähler meist geduldiger sind als die Politiker, die sich schon seit Tagen zum Sieger erklären, gibt die Zeitung ihnen auch noch folgendes mit auf den Weg: "Was die Parteien verärgert, kann durch die normalen Kanäle und Institutionen geregelt werden. Ohne dass es wieder zu Gewalt kommen muss." Demokratische Wahlen können ein Zeichen von Stabilität sein. In Kenia sind sie aber immer auch ein Unsicherheitsfaktor. Weshalb der Standard noch einmal besonders hervorhebt, dass es einen fairen und vor allem gewaltfreien Wahlkampf gegeben habe.

Die Daily Nation ist nicht ganz so optimistisch, dass alles schon irgendwie gut gehen wird. Kolumnist Peter Mwaura schreibt, dass der Leser von einer Zeitung "erwartet zu erfahren, wer in politischen Auseinandersetzungen recht hat und wer nicht". Wenn das nur so leicht wäre, schreibt Mwauran. Wenige Stunden nach der Schließung der Wahllokale hatte der wahrscheinliche Wahlverlierer Odinga eine Pressekonferenz einberufen und dort behauptet, die Wahl sei gefälscht worden, weil Hacker mit der Kennung des ermordeten Technikchefs der Wahlbehörde in das Wahlsystem eingedrungen seien, um die Ergebnisse zu fälschen. Das habe kein Medium in der Kürze der Zeit verifizieren können - weshalb alle Medien auf eine Art "Die-einen-sagen-das-die-anderen-sagen-das-Journalismus" zurückgegriffen hätten. Schlauer werde man daraus aber nicht, schreibt die Daily Nation.

Der Star hingegen versucht, seinen Lesern zu erklären, wie man vielleicht herausbekommen könnte, wer recht hat: Es geht um 34A und 34B, also die Wahlformulare, die von den 41 000 Wahllokalen an die zentrale Wahlkommission in Nairobi geschickt werden. Dort zähle man nun die Stimmen nach. So lange möge sich der geneigte Leser doch bitte gedulden, sagt der Star. Das Hauptquartier der Wahlkommission befindet sich übrigens im Veranstaltungssaal eines nachgebauten Touristendorfes. Das kann man lustig finden. Wahlen sind in Kenia aber eine todernste Sache.

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