Mehrheit wählt Regierungspartei:Opposition in der Ukraine überraschend stark

Vitali Klitschko und Julia Timoschenko feiern mit ihren Parteien bei der Wahl in der Ukraine Achtungserfolge. Kaum ein Beobachter hatte jedoch vor der Wahl daran gezweifelt, dass die ukrainische Regierungspartei von Präsident Viktor Janukowitsch vorne liegen würde - doch der Abstand ist überraschend gering.

Cathrin Kahlweit, Wien

Vitali Klitschko Ukraine Wahlen Opposition

Die Opposition, die sich rund um Timoschenkos Partei Batkiwschtschyna gruppierte, liegt deutlich vor der Partei Udar von Boxweltmeister Vitali Klitschko.

(Foto: AP)

Sollte sich der Trend der Nachwahlbefragungen bestätigen, dann gäbe es durchaus ein paar Überraschungen bei den Parlamentswahlen in der Ukraine: Die regierende Partei der Regionen hat zwar, so zumindest die ersten Auswertungen mehrerer Meinungsforschungsinstitute in Kiew, etwa 30 Prozent der Stimmen geholt, liegt damit aber - vorerst - nur etwa sechs Prozentpunkte vor der größten Oppositionspartei.

Kaum ein Beobachter hatte jedoch vor der Wahl daran gezweifelt, dass die ukrainische Regierungspartei von Präsident Viktor Janukowitsch vorne liegen würde - zumal deren wirkliche Stärke in einem satten Vorsprung bei den noch nicht ausgezählten Direktkandidaten liegen dürfte, was den Abstand noch deutlicher werden lassen wird.

Die ersten Hochrechnungen des Abends beziehen sich nur auf die Parteilisten, über diese werden die Hälfte der 450 Parlamentssitze in den osteuropäischen Land vergeben. Die Partei der Regionen präsentiert sich daher trotz deutlicher Verluste schon am Wahlabend als Siegerin. Sie kann wohl weiter mit den Kommunisten regieren, die auf mehr als 10 Prozent der Stimmen kamen, wie Analysten in Kiew nach Schließung der Wahllokale mitteilten.

OSZE will Bericht über mögliche Manipulation vorlegen

Die Debatte der kommenden Tage und die für Montag erwartete Analyse der Abstimmung durch die mehr als 3700 Wahlbeobachter der OSZE wird und muss erst zeigen, ob und in welchem Maße der mutmaßliche Erfolg der Regierung auf Wahlmanipulationen zurückgeht. Die Regierungsgegner beklagen schon jetzt massiven Wahlbetrug. Sie seien im Wahlkampf stark benachteiligt worden, so die Klage. Die Rede war etwa von "psychischen und physischen Repressalien".

Gleichwohl konnte die Vereinte Opposition rund um die Partei der inhaftierten Ex-Premierministerin Julia Timoschenko laut Nachwahlbefragungen mit etwa 24 Prozent der Stimmen durchaus einen Erfolg erringen. Timoschenko, die wegen Amtsmissbrauchs im Gefängnis sitzt, hatte in den letzten Tagen dazu aufgerufen, das Regime Janukowitsch zu beenden; die Opposition, die sich rund um ihre Partei Batkiwschtschyna gruppierte, liegt außerdem deutlich vor der Partei Udar von Boxweltmeister Vitali Klitschko.

Ihm war wegen eines engagierten Endspurts und wachsender Popularität vorhergesagt worden, dass er mit Timoschenkos Truppe gleichauf liegen könnte. Doch auch etwa 15 Prozent sind für Udar, die damit das erste Mal ins Parlament einzieht, ein Achtungserfolg. Dies zeige, dass die Opposition "großes Potenzial" habe, sagte Klitschko am Abend.

Zusammen mit der rechtskonservativen und bisweilen antisemtischen Partei Swoboda, die bei etwa zehn Prozent liegt, kann die Opposition durchaus einiges aufbieten, um der Partei der Regionen ins Handwerk zu pfuschen - wenn sie sich denn auf ein gemeinsames Vorgehen im neuen Parlament einigen könnte. Bislang waren Udar und Batkivschtschina allerdings weitgehend getrennte Wege gegangen, hatten aber bereits über eine parlamentarische Zusammenarbeit geredet.

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