Serbien:Mutmaßlicher Kriegsverbrecher Hadzic gefasst

Das Ende einer jahrelangen Flucht: Goran Hadzic, der frühere Präsident der serbischen Minderheit in Kroatien, ist von serbischen Behörden festgenommen worden. Das bestätigte der serbische Präsident Boris Tadic. Hadzic ist der letzte vom UN-Tribunal in Den Haag gesuchte mutmaßliche Kriegsverbrecher.

Die serbischen Behörden haben den mutmaßlichen Kriegsverbrecher Goran Hadzic festgenommen. Der serbische Staatspräsident Boris Tadic bestätigte die Verhaftung: "Heute morgen ist er verhaftet worden", sagte Tadic vor der Presse in Belgrad. "Damit beendet Serbien eines der schwierigsten Kapitel in der Zusammenarbeit mit dem Haager Tribunal", sagte Tadic. "Das war unsere moralische Pflicht." Immer wieder erhobene Vorwürfe, Serbien habe Hadzic jahrelang versteckt, seien "absolut unwahr": "Serbien wusste nicht, wo er war".

Serbien: Goran Hadzic - hier ein Archivbild aus dem Jahr 1993 - war zehn Jahre auf der Flucht. Nun wird er sich vor Gericht verantworten müssen.

Goran Hadzic - hier ein Archivbild aus dem Jahr 1993 - war zehn Jahre auf der Flucht. Nun wird er sich vor Gericht verantworten müssen.

(Foto: AP)

Laut Tadic wurde Hadzic um 08.24 Uhr in der Bergregion Fruska Gora nahe der nördlichen Stadt Novi Sad festgenommen. Der staatliche Sender RTS meldete, der 52-jährige Hadzic sei dort in einem Kloster aufgespürt worden. Es hatte bereits seit langem Gerüchte gegeben, dass er sich in einem der Klöster in der Nähe von Novi Sad versteckt halten könnte. Hadzic war seit 2004 auf der Flucht.

Bei seiner Festnahme war Hadzic bewaffnet, er hat aber keinen Widerstand geleistet. Ein Kontaktmann sei ebenfalls festgenommen worden. "Es war schwer, ihn zu erkennen", sagte der serbische Staatsanwalt für Kriegsverbrechen, Vladimir Vukcevic. Hadzic, der auf alten Fotos durch seinen dichten Bart und seine hohe Stirn auffällt, habe einen Schnauzer und einen Drei-Tage-Bart getragen.

Am Nachmittag stimmte das serbische Gericht für Kriegsverbrechen der Auslieferung Hadzics an das UN-Gericht in Den Haag zu. Sein Anwalt Toma Fila kündigte an, keinen Widerspruch einlegen zu wollen. Er können in den nächsten Tagen in die Niederlande gebracht werden.

Nato, EU-Kommission und UN-Kriegsverbrechertribunal begrüßten die Verhaftung Hadzics. "Nach der Übergabe von Ratko Mladic an Den Haag kann mit dieser Festnahme nun das schmerzhafteste Kapitel der jüngsten europäischen Geschichte geschlossen werden", sagte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen in Brüssel.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy sprachen in einer gemeinsamen Erklärung von einem weiteren wichtigen Schritt Serbiens "hin zur Verwirklichung seiner europäischen Perspektive". "Wir erwarten, dass Hadzic ohne Verzögerung an den Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien [ICTY] in Den Haag übergeben wird", teilten Barroso und Van Rompuy mit. "Volle Kooperation mit dem ICTY ist weiterhin zentral für Serbiens Weg in die Europäische Union."

"Dieser Tag markiert die Festnahme des letzten von insgesamt 161 Angeklagten", sagte Frederick Swinnen, Berater von Serge Brammertz. Brammertz ist der Chefankläger des UN-Kriegsverbrechertribunals.

Auch der kroatische Präsident Ivo Josipovic und Regierungschefin Jadranka Kosor begrüßten die Festnahme Hadzics. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) wertete sie als "Beitrag zur internationalen Gerechtigkeit".

Hadzic war zwischenzeitlich Präsident der Republik Serbische Krajina, einem international nicht anerkannten Staatsgebilde der serbischen Minderheit in Kroatien während des Bürgerkriegs von 1991 bis 1995.

Er soll für den Tod hunderter kroatischer Zivilisten und die Deportation von zehntausenden Kroaten und anderen nicht-serbischen Bevölkerungsgruppen durch die serbischen Truppen während des Kroatien-Krieges (1991-1995) verantwortlich sein und ist deshalb vom UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag angeklagt, unter anderem wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Sein Name ist eng verbunden mit dem Massaker serbischer Truppen in der ostkroatischen Stadt Vukovar. Dort waren im November 1991 in einem Krankenhaus rund 250 Menschen, die dort Schutz gesucht hatten, von serbischen Truppen gefoltert und getötet worden.

Vor knapp zwei Monaten hatte die serbische Justiz bereits den ehemaligen General Ratko Mladic festgenommen und dem UN-Tribunal überstellt. Dem 69-Jährigen werden in elf Punkten Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit während des Bosnien-Kriegs von 1992 bis 1995 vorgeworfen. Er wird vor allem für das Massaker von Srebrenica 1995 mit etwa 8000 Toten und die Belagerung Sarajevos verantwortlich gemacht.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: