Medienaffäre des Bundespräsidenten:Wulff macht Journalistenanfragen öffentlich

Zunächst hatten die Anwälte abgelehnt, jetzt hat Bundespräsident Wulff zahlreiche Anfragen von Journalisten und seine Antworten darauf doch veröffentlichen lassen. Auf 239 Seiten sind sie nun im Netz zu lesen. Zuvor war bekanntgeworden, dass Wulffs Kredit bei der BW-Bank ohne juristischen Folgen bleiben wird.

In der Kredit- und Medienaffäre hat Bundespräsident Christian Wulff jetzt wie angekündigt zahlreiche Journalistenanfragen und seine Antworten darauf vorgelegt. Dies war von Wulffs Anwälten zunächst aus rechtlichen Gründen abgelehnt worden. Mehrere Zeitungen entbanden Wulff dann aber von der Pflicht, ihre Recherche-Ergebnisse zu schützen.

Wulffs Anwälte stellten am Mittwoch 239 Seiten Schriftverkehr mit Medien ins Internet. In den Anfragen geht es vor allem um Wulffs Privatkredit für den Eigenheimerwerb, dessen Ablösung durch einen Kredit bei der BW Bank und um seine Urlaube in Anwesen befreundeter Unternehmer.

Wulffs Medienanwalt Gernot Lehr erklärte am Mittwoch, alle Fragen seien nach bestem Wissen und Gewissen beantwortet worden. Lehr betonte, dass "bislang von mehreren Redaktionen keine oder nur eingeschränkte Zustimmungen vorliegen". Der Anwalt wertete diesen Umstand als Beleg für die "sachliche Notwendigkeit und Richtigkeit" seiner Entscheidung, die von Wulff zugesagte Veröffentlichung der Frage-Antwort-Sammlungen zunächst unter Verweis auf den Schutz von Persönlichkeitsrechten zu verweigern und von der Zustimmung der anfragenden Medien abhängig zu machen.

In jenen Fällen, in denen Medien nur ihre eingeschränkte Zustimmung gegeben hätten, seien die entsprechenden Passagen nun geschwärzt worden. Schwärzungen gab es auch bei personenbezogenen Angaben zu Journalisten und Kanzleimitarbeitern, bei personenbezogenen Angaben zu Dritten und bei Fragen, die Verletzungen des Persönlichkeitsrechts enthielten.

Landtag in Hannover berät über Kreditaffäre

In Wulffs Heimat Niedersachsen befasste sich am Mittwoch auch der Landtag öffentlich mit dem Fall - die Vorwürfe um das umstrittene Hausdarlehen und Urlaubsaufenthalte des früheren Ministerpräsidenten sorgten für eine tiefe Spaltung in Regierungs- und Oppositionslager. SPD, Grüne und Linke warfen der schwarz-gelben Landesregierung vor, ihr fehle der Wille, zur vollständigen Aufklärung der Affäre beizutragen.

SPD-Fraktionschef Stefan Schostok warf Wulffs Nachfolger David McAllister eine "Salamitaktik à la Wulff" vor: "Sie behindern die Aufklärung, Sie stehen weiter an der Seite des ehemaligen Ministerpräsidenten." Die Veröffentlichung einer ersten Auswahl von Antworten auf über 160 Fragen, die SPD und Grüne an die Staatskanzlei gestellt hatten, reiche bei weitem nicht aus. In dem Fragenkatalog geht es unter anderem um Wulffs Kontakte zu Wirtschaftsvertretern. Die Regierung hatte die Beantwortung einiger Fragen mit der Begründung abgelehnt, dies falle in die Privatsphäre des Staatsoberhaupts.

SPD und Grüne vermuten, dass Wulff gegen das niedersächsische Ministergesetz verstoßen hat, als er das Darlehen der Unternehmergattin Edith Geerkens im Februar 2010 im Landtag verschwieg. Die Landesregierung müsse dazu weitere Antworten liefern, forderte Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel: "Wenn Sie das jetzt aussitzen wollen, dann irren Sie gewaltig. Und wenn Sie zulassen, dass der erste Mann im Staat sich so gegen das Gesetz stellt, wird diese Republik eine andere sein."

Niedersachsens Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) nahm das Kabinett gegen den Vorwurf der mangelnden Information in Schutz: "Sie behaupten ständig, hier würde gegen Gesetze verstoßen - aber fordern von mir zugleich Auskünfte zu Steuerfragen, mit denen ich mich strafbar machen würde", sagte er. Solche Aspekte oder auch Details zu möglichen Landesbürgschaften unterlägen der Geheimhaltung.

Unterdessen hat die Staatsanwaltschaft in Hannover mitgeteilt, dass es keine weiteren Ermittlungen gegen Wulff oder seinen vor Weihnachten entlassenen Sprecher Olaf Glaeseker geben werde. Auch die Staatsanwaltschaft Stuttgart kündigte an, dass sich die Verantwortlichen bei der BW-Bank, die Wulffs Privatdarlehen bei der Unternehmergattin Edith Geerkens durch einen günstigen Kredit ablösten, sich nicht auf ein Verfahren einstellen müssten. Wegen des Kredits hatte es etwa ein Dutzend Anzeigen gegen die Bank gegeben. Der Vorwurf: Verdacht auf Untreue, Vorteilsnahme und -gewährung.

Die freigegebenen Journalistenanfragen, die gegebenen Antworten sowie erläuternde Hinweise finden Sie hier.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: