Mauss-Prozess:Meine Millionen, deine Millionen

Werner Mauss

Angeklagt: Werner Mauss.

(Foto: Katja Lenz/dpa)

Die Verteidigung will im Mauss-Prozess einen Entlastungszeugen präsentieren. Er soll beweisen können, dass das Vermögen, auf das Mauss viele Jahre keine Steuern bezahlte, nicht ihm gehörte.

Von Ralf Wiegand, Bochum

Seit nunmehr sieben Monaten arbeitet sich das Bochumer Landgericht Montag für Montag durch das Vermögen des deutschen Privatagenten Werner Mauss, und immer bleiben Fragen offen. Jetzt sollen sie gleich alle auf einmal beantwortet werden, von einem einzigen Zeugen. Die Verteidiger des 77-jährigen Angeklagten, dem die Staatsanwaltschaft Bochum vorwirft, Steuern in Höhe von mehr als 16 Millionen Euro hinterzogen zu haben, stellten an diesem Montag den Antrag auf Vernehmung einer Person "in führender Stellung einer ausländischen Sicherheitsbehörde". Diese könne all das beweisen, was Mauss bisher nur behauptet: Demnach gehört das Vermögen, auf dessen Erträge Mauss über viele Jahre keine Steuern bezahlt hat, gar nicht dem Geheimagenten, sondern einer Gruppe von ausländischen Geldgebern, die es ihm nur treuhänderisch zur Verfügung gestellt haben.

Bisher hatte das Bochumer Landgericht sich nicht überzeugen lassen, diesen Zeugen unter den von der Verteidigung gestellten Bedingungen vorzuladen und dafür etwa die Öffentlichkeit umfassend auszuschließen. Inzwischen sei der Zeuge aber bereit, nach Bochum zu kommen, wenn für seinen Schutz gesorgt sei. Nach SZ-Informationen könnte er sich inkognito - etwa verkleidet - tatsächlich im Gerichtssaal vor Publikum vernehmen lassen. Entscheiden dürfte sich das Gericht bis 8. Mai.

Der Mann, der nach Kenntnissen der SZ einem israelischen Geheimdienst angehört, ist heute angeblich 66 Jahre alt und soll Ende der 1980er-Jahre Mauss' "Operator" gewesen sein, also eine Art Führungsoffizier, ehe er in dem Dienst Karriere machte. Der Deutsche hat demnach für einen Geheimbund aus westlichen Diensten und Organisationen agiert, der ihm zu diesem Zweck ein üppiges Vermögen in Höhe von anfänglich rund 23 Millionen Dollar zur Verfügung gestellt habe. So argumentiert der ehemalige Terroristen-Jäger und professionelle Geiselbefreier schon seit Beginn des Prozesses. Nun soll der Zeuge diese Version beweisen.

Der israelische Beamte könne belegen, dass das in dem Fonds angelegte Vermögen stets Eigentum der Treugeber gewesen und Mauss zur Rückgabe des Geldes verpflichtet sei. Der Zeuge werde aussagen, dass Mauss "an der langen Leine" geführt worden sei und durchaus "Spielräume" bei der Verwendung des Geldes gehabt habe; nur der Vermögensstock von 23 Millionen US-Dollar habe sich keinesfalls verringern dürfen. Alle Transfers des Geldes über verschiedene Stiftungen bis in eine Lombard-Lebensversicherung, so werde der Zeuge bestätigen, seien aber mit dem Dienst abgestimmt gewesen; die riskanten und profitablen Anlage-Strategien habe eine eigene Geheimdienstabteilung entwickelt. "Aus Tarnungsgründen" hätten die Geldgeber zugestimmt, "den Anschein einer privaten Verwendung" des Vermögens zu erwecken. Mauss hat gegenüber seiner Bank die regelmäßigen Barentnahmen von 120 000 bis 150 000 Euro etwa mit Baumaßnahmen an seinem Anwesen begründet. Selbst die Verteilung des Vermögens an seine Erben, von Mauss genau festgelegt, sei nur Teil dieser Tarnung. Auch wenn Mauss stürbe, so werde der Zeuge zu Protokoll geben, gingen die Geldgeber davon aus, dass seine Erben das Vermögen an die wahren Eigentümer zurückgeben würden. Einklagen allerdings würden sie die Herausgabe nicht: Zum einen sei nicht vorgesehen, das Geld jemals wieder dem regulären Haushalt eines Staates zuzuführen, zum anderen stehe der Verlust des Geldes in keinem Verhältnis zum Risiko, dass Mauss' Netzwerke aufgedeckt werden könnten. Die Beziehung beruhe "auf wechselseitigem Vertrauen".

Sollte Mauss außer Dienst gestellt werden - noch behauptet er, aktiver Agent zu sein -, sei geplant, das Treuhandvermögen auf einen Nachfolger, einen anderen Agenten, zu übertragen. Das sei so üblich: Auch Mauss habe 8,5 Millionen US-Dollar von einem Konto auf den Bahamas überwiesen bekommen, das durch die Abschaltung eines dortigen Agenten frei geworden sei. Bisher hatte Mauss behauptet, die Bahamas-Millionen stammten aus einer aufgelösten Geldanlage.

Mit den Erträgen aus dem Vermögen sollte Mauss etwa Informanten rekrutieren oder Fahrzeuge anschaffen. Auch habe Mauss - eine interessante Formulierung - "Gelder, die nicht als Lösegeld, sondern anstelle von Lösegeldern" geflossen seien, aus dem Fonds entnehmen dürfen. Seit Jahren behauptet Mauss, bei von ihm geleiteten Geiselbefreiungen sei kein einziges Mal Lösegeld geflossen. "An Stelle von Lösegeld", damit seien zum Beispiel humanitäre Hilfsgüter gemeint.

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