Massenproteste in der Ukraine:Opposition blockiert Regierungsgebäude

Mit Holzstämmen, Müllcontainern und Autos haben Demonstranten in der ukrainischen Hauptstadt Kiew Sperren vor den Zufahrtswegen zu mehreren Regierungsgebäuden errichtet. Die Opposition selbst gerät nun ins Visier der Justiz: Die Behörden ermitteln wegen Umsturzversuchs.

Nach einer Großkundgebung mit Hunderttausenden Demonstranten in Kiew hat die ukrainische Opposition mehrere Regierungsgebäude in der Hauptstadt mit Barrikaden blockiert. Die proeuropäischen Anhänger von Boxweltmeister Vitali Klitschko versperrten Straßen und Gehwege am Montag mit Holzstämmen, großen Zelten, Privatautos und Müllcontainern.

Währenddessen leiteten die Sicherheitsbehörden Ermittlungen gegen die Opposition wegen angeblichen Umsturzversuchs ein. Auslöser könnte der Aufruf des früheren Außenministers Arsenij Jazenjuk gewesen sein, das Regierungsviertel in Kiew zu blockieren. Eine Behördensprecherin sagte, es gehe um "illegale Handlungen bestimmter Politiker mit dem Ziel, die Macht im Staat zu ergreifen".

Es wurden keine Angaben darüber gemacht, gegen wen die Justiz ermittelt. Der mit staatsanwaltlichen Befugnissen ausgestattete Inlandsgeheimdienst SBU teilte nach Angaben der Agentur Interfax mit, dass ein versuchter Staatsstreich mit fünf bis zehn Jahren Gefängnis bestraft werden könne.

Die Regierungsgegner um Boxweltmeister Klitschko hatten am Sonntag bei einem der größten Massenproteste seit Jahren Neuwahlen in der Ukraine gefordert. Im Stadtzentrum versammelten sich nach Angaben der Opposition eine halbe Million Menschen bei eisigen Temperaturen auf dem Unabhängigkeitsplatz (Majdan), der 2004 das Zentrum der prowestlichen Orangefarbenen Revolution war. Beobachter sprachen von etwa 300.000 Menschen.

Massenproteste in der Ukraine: Ein Demonstrant sitzt am frühen Montagmorgen vor einer der Barrikaden in Kiew und liest ein Buch

Ein Demonstrant sitzt am frühen Montagmorgen vor einer der Barrikaden in Kiew und liest ein Buch

(Foto: AFP)

Bei den nunmehr seit knapp drei Wochen andauernden Massenkundgebungen protestieren Regierungsgegner gegen den prorussischen Kurs der ukrainischen Staatsführung. Auslöser war die Entscheidung von Staatspräsident Viktor Janukowitsch, auf Drängen Russlands ein Abkommen zur Annäherung an die EU vor der geplanten Unterzeichnung platzen zu lassen.

Die Europäische Union kündigte erstmals eine Vermittlungsmission in Kiew an. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton wird in Kürze zu Gesprächen in die Hauptstadt der früheren Sowjetrepublik reisen, teilte die EU-Kommission am Sonntag mit. Sie wolle dort helfen, nach einem Weg aus der politischen Krise zu suchen, hieß es in Brüssel.

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