Massendemonstration gegen Putin:Zehntausende protestieren auf Moskaus Straßen

Massen in Moskau: Zehntausende Menschen fordern einen Monat vor der russischen Präsidentenwahl eine faire und freie Abstimmung. Seit 20 Jahren soll es keine derart großen Proteste mehr gegeben haben - sie richten sich gegen den Politikstil von Ministerpräsident Wladimir Putin. Seine Anhänger wagen sich ebenfalls bei Minusgraden auf die Straße und skandieren: "Putin ist super!" und "Chaos - nein, Putin - ja!".

Bei zwei Großdemonstrationen in Moskau haben Gegner und Anhänger von Ministerpräsident Wladimir Putin jeweils Zehntausende Menschen auf die Straße gebracht. Die Polizei sprach am Samstag von insgesamt rund 200.000 Demonstranten bei den größten Aktionen seit etwa 20 Jahren, wie Agenturen meldeten.

Massendemonstration gegen Putin: Zehntausende protestieren in Moskau gegen Ministerpräsident Putin, der im März erneut als Präsident in den Kreml einziehen will.

Zehntausende protestieren in Moskau gegen Ministerpräsident Putin, der im März erneut als Präsident in den Kreml einziehen will.

(Foto: AP)

Zu dem Anti-Putin-Umzug versammelten sich etwa 36.000 Putin-Gegner unterschiedlicher Parteien und aller Altersgruppen, rund 7000 mehr als am 24. Dezember. Die Opposition sprach dagegen sogar von 120.000 Teilnehmern, die eine ehrliche Präsidentenwahl am 4. März sowie mehr politische Freiheiten und einen demokratischen Wandel forderten.

"Putin, hau ab!" hatten viele Regierungsgegner auf ihre Plakate geschrieben. An der Kundgebung nahm auch der Multimilliardär und Präsidentenkandidat Michail Prochorow teil, der Putin in eine Stichwahl zwingen will. Viele Demonstranten trugen weiße Luftballons und Bänder als Zeichen diesen friedlichen politischen Wandel. Die Temperatur lag bei knapp minus 20 Grad Celsius.

Bei einer Gegenkundgebung von Anhängern Putins protestierten vor allem Beschäftigte von Staatsunternehmen sowie Lehrer gegen die Gefahr einer Revolution. Mehrere unabhängige Medien hatten berichtet, dass sie unter Androhung einer Kündigung zur Teilnahme gezwungen worden seien. "Putin ist super!" und "Chaos - nein, Putin - ja!" war auf Transparenten zu lesen. Nach Angaben der Agentur Interfax versammelten sich 138.000 Unterstützer auf den Straßen, das Innenministerium sprach hingegen von 100.000 Teilnehmern allein bei der Pro-Putin-Aktion. Der Radiosender Echo Moskwy sprach von einem "Zahlenkrieg" bei dieser vom Machtapparat inszenierten Gegenkundgebung. Staatsmedien berichteten, in der russischen Hauptstadt hätten deutlich mehr Menschen für Putin als gegen ihn demonstriert.

Die Pro-Putin-Aktion stand nach Angaben der Organisatoren von der kremltreuen Partei der Patrioten im Zeichen der Stabilität. Das Lager des Regierungschefs hatte nach Bekanntwerden der Oppositionspläne für neue Massenproteste erstmals die Initiative ergriffen, nicht mehr nur den Andersdenkenden den politischen Kampf auf der Straße zu überlassen.

Putin dankt Unterstützern

Bei einer Kundgebung auf dem Bolotnaja-Platz forderte die Opposition die Zulassung des ausgeschlossenen Oppositionspolitikers Grigori Jawlinski zur Wahl. Putins Gegner fürchten, dass der Regierungschef bei einer gefälschten Wahl im März zum dritten Mal Präsident wird. Er war bereits von 2000 bis 2008 Präsident. Ausgelöst wurden die Proteste durch Hinweise auf Wahlbetrug zugunsten von Putins Partei bei der Parlamentswahl im vergangenen Dezember. Putin hat Forderungen nach einer Wiederholung der Wahl bisher ignoriert.

Putin selbst sagte am Vorabend, dass er seinen Unterstützern für die Initiative danke. Er sei wie sie gegen eine Revolution, betonte der Regierungschef, der sich in Tscheljabinsk aufhielt, rund 1900 Kilometer östlich von Moskau. Falls die Organisatoren der Pro-Putin-Demonstration eine Strafe dafür zahlen müssten, dass mehr Unterstützer kamen als angemeldet, sei er bereit, Geld beizulegen, sagte Putin. Bereits zuvor hatte er betont, er sei wie seine Unterstützer gegen eine Revolution in Russland.

In der russischen Hauptstadt waren 9000 Sicherheitskräfte im Einsatz. Die Agentur Interfax meldete aus zahlreichen Städten Kundgebungen mit insgesamt mehreren tausend Teilnehmern. Die Behörden hatten erstmals einen Protestzug der Opposition mit angemeldeten 50.000 Demonstranten durch Moskaus Zentrum zugelassen - bislang hatten sie lediglich Kundgebungen für bis zu 30.000 Teilnehmer erlaubt.

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