Massaker in Mexiko:Brutaler Krieg um Drogen

In Mexiko sterben im Kampf der Drogenhändler jeden Tag sechs Menschen. Die organisierte Kriminalität ist zu einem der größten Probleme des Staates geworden. Drohungen und Bestechung reichen bis in höchste Positionen - auch von Justiz und Politik.

Peter Burghardt

Baltasar Gomez war erst 23 Tage im Amt, als ihn die tödlichen Kugeln trafen. Seinen letzten Kaffee trank der Polizeichef von Santa Catarina am Rande der nordmexikanischen Metropole Monterrey in der Nacht zum Donnerstag.

Massaker in Mexiko: Erfolge sind eher selten: ein mexikanischer Polizist mit sichergestelltem Marihuana

Erfolge sind eher selten: ein mexikanischer Polizist mit sichergestelltem Marihuana

(Foto: Foto: AP)

Kurz nach Mitternacht stürmte sein Mörder in die Bar und schoss ihm mit einem Revolver vom Kaliber neun Millimeter zehnmal in den Kopf, bei dem Angriff starb auch einer seiner Begleiter.

Gomez hatte den Job erst Anfang November angetreten, sein Vorgänger war auf ähnliche Weise hingerichtet worden. Er wollte den Drogenhandel wirksam bekämpfen. Eine Überwachungskamera zeichnete das Attentat auf. Obwohl der Name des Täters zunächst unbekannt blieb, bestand kein Zweifel, dass auch dieser Auftrag aus der Rauschgiftszene kam.

Täglich erreichen die Republik solche Meldungen. In diesem Jahr wurden fast 2000 Menschen im Krieg der Kartelle umgebracht, also täglich ungefähr sechs. Ein Beamter starb in dem zunehmend gefährlichen Ferienort Acapulco am Pazifik, ein vorbeifahrendes Kommando hatte eine Granate in seine Wachstation geworfen.

"Mutter aller Schlachten"

Mittlerweile werden in Mexiko noch mehr Opfer der Drogengewalt gezählt als in Kolumbien. Die organisierte Kriminalität ist zu einem der größten Probleme des Staates geworden, obwohl der scheidende Präsident Vicente Fox "die Mutter aller Schlachten" angekündigt hatte.

"Ein nationales und institutionelles Desaster", findet der frühere Sicherheitsberater Yanez Romero. Das Drama beunruhigt auch die Vereinigten Staaten, die daran allerdings wesentlich beteiligt sind.

Seit langem ist der südliche Nachbar der größte Zulieferer, drei Viertel des vornehmlich kolumbianischen Kokains erreichen den wichtigsten Markt der Welt über den Rio Grande. Die weiten Küsten, das zerklüftete Inland und die lange Grenze machen Mexiko zum idealen Transitgebiet, außerdem werden Marihuana und Mohn (für Heroin) dort in immer größeren Mengen angebaut.

Mexikanische Drogenbarone sind inzwischen mächtiger als die Kolumbianer, die Familien Arellano Felix und Carrillo Fuentes haben einen Ruf wie einst Pablo Escobar in Medellin oder die Gebrüder Rodriguez Orejuela in Cali. Oft arbeiten die Kapos beider Länder bei der Verteilung und Geldwäsche sogar zusammen, gemeinsam setzen sie laut Erkenntnissen eines US-Reports jährlich bis zu 25 Milliarden Dollar um.

Abgeschnittene Köpfe

Im Bundesstaat Michoacan ließen Söldner der Mafiabosse zur Abschreckung abgeschnittene Köpfe massakrierter Gegner zurück. Eine Patrouille wurde von 600 Geschossen durchsiebt. Besonders gefährlich leben diejenigen, die sich dem blutigen Geschäft entgegen stellen.

Unter den Toten der ersten elf Monate 2006 waren 140 Polizisten, viele davon in führender Position und nicht wenige ausgeliefert oder getötet von ehemaligen Mitstreitern. Angst und schlechte Gehälter treiben Uniformierte in die Hände von mindestens 130 Drogenbanden.

Drohungen und Bestechung reichen bis in hohe Positionen auch von Justiz und Politik. "Hier musst du dich vor deinen eigenen Kollegen in Acht nehmen", berichtet ein Agent. Nach Nuevo Laredo an die US-Grenze schickte die Regierung im vergangenen Jahr Soldaten, die dortigen Sicherheitskräfte waren selbst in die Verbrechen verwickelt. Die Spirale der Gewalt zeige, "dass die Drogenhändler und ihre Verbündeten stärker sind denn je und sich des Landes bemächtigen wollen", warnte die Wochenzeitung La Critica.

Die Vereinigung Reporter ohne Grenzen erklärte Mexiko zum zweitgefährlichsten Berichtsgebiet, nach Irak. In sechs Jahren Fox wurden 20 Journalisten ermordet, zuletzt in Veracruz der stellvertretende Chefredakteur des Blattes Testimonio. Und am Samstag erstarb sogar Musik.

Der populäre Sänger Valentin Elizalde hatte in Reynoso gerade sein Konzert beendet, da durchbohrten 26 Projektile ihn, seinen Manager und seinen Chauffeur. Elizalde hatte ein Lied gegen die "Zetas" gesungen, er nannte sie "meine Feinde" - Militärs, die sich zu Rauschgiftdealern verwandelt haben.

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