Börsenstar:Die Post erhöht Dividende - will aber bei den Löhnen sparen

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  • Die Deutsche Post entwickelte sich nach ihrer Privatisierung als Shooting Star an der Börse. Post-Chef Frank Appel traut seinem Unternehmen bis 2020 sogar einen weiteren Gewinnzuwachs um jährlich durchschnittlich mehr als acht Prozent zu.
  • Doch warum unterläuft die Post in dieser finanziell sehr guten Situation Tarifverträge, will Löhne kürzen und nun auch noch die Dividende erhöhen?

Von Kirsten Bialdiga

Deutsche Post AG Chief Executive Officer Frank Appel Interview

Frank Appel, Vorstandschef der "Deutschen Post DHL Group". Foto: Brent Lewin/Bloomberg

(Foto: Bloomberg)

Wenn Frank Appel aus den Fenstern im 40. Stock des Post-Towers blickt, genießt er eine spektakuläre Aussicht. Die ehemalige Bundeshauptstadt Bonn liegt ihm zu Füßen, der Rhein fließt träge dahin, und bei gutem Wetter ist am Horizont schemenhaft der Kölner Dom zu erkennen. Seit 2008 ist Appel Vorstandschef der "Deutschen Post DHL Group", und was die Perspektive aus dem Fenster betrifft, ist alles um ihn herum unverändert geblieben.

Seit der Privatisierung hat sich der Kurs der Post fast verfünffacht

Die Post aber hat sich in dieser Zeit gewandelt wie nur wenige andere Dax-Konzerne in Deutschland. Aus einem urdeutschen Unternehmen, das bis dahin zu 90 Prozent vom Befördern von Briefen lebte, wurde ein Logistik-Konzern, der heute in nahezu jedem Land der Erde Pakete und Güter transportiert. Und dabei auch dank des so stark wachsenden Onlinehandels immer profitabler wurde. Die Umsatzrendite, also der Anteil des Gewinns an den Erlösen, stieg in Appels Zeit von minus 1,8 Prozent auf 5,2 Prozent im Jahr 2014.

Die Aktionäre hatten daran ihre Freude. Die einst so betuliche Deutsche Bundespost entwickelte sich nach ihrer Privatisierung zu einem Shootingstar an der Börse: Seit 2009 hat sich der Kurs fast verfünffacht, auch die Dividende legte Jahr für Jahr leicht zu. Heute arbeiten für das Unternehmen fast 20 000 Beschäftigte mehr als vor fünf Jahren, nämlich 444 000 - und 180 000 in Deutschland. Kurzum: Die Deutsche Post ist das, was Analysten und Investoren gern als Erfolgsstory bezeichnen.

Was bringt nun also in solch komfortabler Lage einen Konzernchef dazu, Tarifverträge zu unterlaufen, Niedriglohngesellschaften für Beschäftigte zweiter Klasse zu gründen und dabei, gleichsam provokativ, auch noch die Dividende zu erhöhen?

Dividende soll steigen - die Löhne hingegen sinken

Vorstandschef Appel tut sich nicht leicht damit, diesen harten Bruch zu vermitteln. "Es ist schwierig, das zu kommunizieren", räumte er auf der Bilanz-Pressekonferenz im März ein. Zum Beispiel die Sache mit der Dividende.

Dass er die Löhne der Paketboten um 20 Prozent kürzen will und gleichzeitig mehr Geld an die Anteilseigner ausschüttet, begründete Appel sinngemäß so: Das Geld für die Dividende sei bereits in der Vergangenheit verdient worden - Tarifverhandlungen hingegen seien auf die Zukunft gerichtet, dieses Geld müsse erst noch in die Kasse kommen. Der jüngste Abschluss vor zwei Jahren zum Beispiel sei viel zu hoch gewesen und wirke belastend, sagen hochrangige Manager. Im Jahr 2013 hatte die Post mit der Gewerkschaft Verdi Lohnerhöhungen von 5,7 Prozent vereinbart, damit allerdings einen bundesweiten Streik abgewendet.

Ein solcher Abschluss soll sich nicht wiederholen. Entsprechend hoch hängen sie bei der Post den aktuellen Streit mit Verdi: Es gehe um die Zukunft des Brief- und Paketgeschäfts in Deutschland. Unter anderem wegen der zu hohen Löhne wachse der Gewinn in dieser Sparte schon jetzt langsamer als der Umsatz, machte Finanzchef Larry Rosen diese Woche deutlich. Das Problem aus Sicht der Post: Konkurrenten zahlen zum Teil deutlich weniger. "Wir zahlen 17,70 Euro pro Stunde, unsere Wettbewerber klagen hingegen darüber, dass sie jetzt den Mindestlohn von 8,50 Euro zahlen müssen", sagt ein Manager. Zudem seien die Paketzusteller der Post in den 49 neuen Gesellschaften künftig nicht mehr befristet beschäftigt. Für viele sei das ein deutlicher Fortschritt gegenüber den befristeten Verträgen, die der Konzern zuvor mit ihnen abgeschlossen hatte. Nach Darstellung von Verdi liegt der Stundenlohn bei der Post aber nur für erfahrene Austräger bei über 17 Euro. Einsteiger müssten sich mit 13,90 Euro begnügen.

Seit Kurzem steht die Post auf der "Forbes"-Liste der am meisten bewunderten Firmen

Die Konkurrenten der Post im Paketgeschäft sind vor allem die amerikanischen Logistiker UPS, Fedex sowie die niederländische TNT. Bisher hatten die Bonner von ihnen wenig zu befürchten, im vergangenen Jahr lag der Post-Anteil im deutschen Paketmarkt und im europäischen Geschäft mit Eil-Lieferungen unangefochten bei über 40 Prozent. Der nächststärkere Konkurrent UPS liegt mit einem Marktanteil von 25 Prozent weit dahinter. Vor wenigen Wochen legte Fedex zwar ein Übernahmeangebot von 4,4 Milliarden Euro für den Konkurrenten TNT vor. Aber selbst wenn sich die beiden kleineren Wettbewerber zusammenschließen, dominiert die Post weiterhin klar den Markt. Dennoch fürchten die Manager offenbar um die Zukunft des Konzerns.

Zugleich aber traut Post-Chef Appel seinem Unternehmen bis 2020 einen Zuwachs des Konzerngewinns um jährlich durchschnittlich mehr als acht Prozent zu. Dieses Ziel verkündete er voriges Jahr, als er die neue Strategie vorstellte. Das Geschäft in Deutschland soll zu diesem Gewinnziel laut Insidern nur etwa ein Siebtel beitragen. Dafür könnte die Post, so wie es jetzt aussieht, allerdings einen recht hohen Preis zahlen - und einen Titel verlieren, auf den Appel zuletzt stolz war: Erstmals wurde die Post 2014 in die Forbes-Liste der meistbewunderten Unternehmen aufgenommen.

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