Manchester-Leaks:"Arrogant und respektlos"

US-Geheimdienste geben vertrauliche Informationen an die amerikanischen Medien weiter. Die Briten sind empört, US-Präsident Donald Trump verspricht, die Schuldigen zu verfolgen.

Von Christian Zaschke

Manchester-Leaks: Premierministerin Theresa May kündigte am Donnerstag während des Nato-Gipfels an, sie werde mit Präsident Donald Trump über die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden ihrer Länder reden.

Premierministerin Theresa May kündigte am Donnerstag während des Nato-Gipfels an, sie werde mit Präsident Donald Trump über die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden ihrer Länder reden.

(Foto: Emmanuel Dunand/AFP)

Die britische Polizei teilt vorerst keine Ergebnisse der Ermittlungen in Bezug auf den Terroranschlag von Manchester mehr mit den amerikanischen Behörden. Dieser äußerst ungewöhnliche Schritt ist die Folge davon, dass in den USA Informationen an Medien gegeben wurden, welche die britischen Behörden aus ermittlungstaktischen Gründen noch nicht veröffentlichen wollten. Polizei und Regierung seien "stocksauer" auf die Amerikaner, heißt es in London. Die britische Seite nimmt das Thema so ernst, dass es auf höchster Ebene zur Sprache kommen wird.

Premierministerin Theresa May kündigte am Donnerstag an, sie werde mit Präsident Donald Trump über das Thema reden. Sie sagte: "Ich werde ihm klarmachen, dass Erkenntnisse, die unsere Sicherheitsbehörden teilen, sicher bleiben müssen." Beim Nato-Gipfel in Brüssel reagierte US-Präsident Donald Trump auf die Vorwürfe und kündigte an, die Verantwortlichen zu verfolgen. Er werde das Justizministerium um Ermittlungen bitten, sagte Trump. Nötigenfalls würden die Verantwortlichen mit der vollen Härte des Gesetzes verfolgt.

Besonders verärgert ist die britische Polizei darüber, dass die New York Times forensische Fotos von Teilen der Bombe veröffentlicht hat. Diese ließen Rückschlüsse auf die Bauart der Bombe zu und damit womöglich auch darauf, wer sie gebaut hat. Das kompliziere die Ermittlungen, teilte die Polizei mit. Bereits am Dienstag hatte es in britischen Sicherheitskreisen zu erheblicher Verstimmung geführt, dass der Name des Attentäters Salman Abedi von amerikanischen Medien veröffentlicht worden war. Britische Behörden halten in solchen Fällen den Namen mindestens 36 Stunden unter Verschluss, um im Umfeld des mutmaßlichen Täters ermitteln zu können.

Die Polizei sprach von einem Vertrauensbruch, der die Arbeit der Ermittler unterminiere

Der Nationale Rat der Polizeichefs sprach in einem Statement von einem Vertrauensbruch, der die Arbeit der britischen Polizei unterminiere. Manchesters Polizeichef Ian Hopkins sagte, die unautorisierte Weitergabe von Informationen habe gerade den Familien Kummer bereitet, die ohnehin schon so sehr leiden müssten. Andy Burnham, der just ins Amt gewählte Bürgermeister des Großraums Manchester, machte keinen Hehl aus seinem Ärger und nannte die Weitergabe von solchen Informationen an die Medien "arrogant und respektlos". Er beschwerte sich beim amerikanischen Botschafter. Innenministerin Amber Rudd sagte: "Ich habe unseren Freunden sehr deutlich gemacht, dass so etwas nicht wieder vorkommen sollte."

Britische und amerikanische Sicherheitsbehörden arbeiten traditionell sehr eng zusammen. Gemeinsam mit Kanada, Australien und Neuseeland bilden sie einen Verbund namens "Five Eyes" (Fünf Augen), der sicherheitsrelevantes Material teilt. Die Einschränkung von britischer Seite ist vorübergehend und betrifft nur die Ermittlungen in Manchester. Die Entscheidung wurde nicht von der Regierung, sondern von der Polizei in Manchester getroffen. Es sei wichtig, hieß es am Amtssitz von May, dass die Polizei solche Entscheidungen unabhängig treffen könne.

Ian Blair, der während des Terroranschlags in London im Juli 2005 Chef von Scotland Yard war, sagte, dass das Problem mit den USA schon länger bestehe. Er sagte: "Ich fürchte, das erinnert mich an 2005, als in den USA Bilder erschienen, die genau zeigten, wie die Bomben gebaut waren. Wir haben damals in gleicher Weise protestiert."

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