Malische Rebellen:Gegner in Gottes Namen

Rebellen in Mali

Islamistische Kämpfer der Gruppe Ansar Dine ("Verteidiger des Glaubens") auf einem bewaffneten Pick-up. (Archiv, Juni 2012)

(Es gibt aus 2013 kein gescheites Bild von den Rebellen, von daher würde ich das hier drin lassen. Paul)

(Foto: Reuters)

Nach den ersten Tagen der Intervention in Mali zeigt sich die französische Regierung überrascht von der Kampfkraft der Rebellen, von denen viele enge Verbindungen zu al-Qaida haben. Wer ist dieser Gegner überhaupt, und woher bezieht er seine Stärke?

Von Caroline Ischinger

Der Gegner sei gut trainiert, gut ausgerüstet und gut bewaffnet - die französische Armee hat sich nach Medienberichten von der Stärke der islamistischen Kämpfer im westafrikanischen Mali überrascht gezeigt. "Am Anfang konnte man davon ausgehen, dass es sich um ein paar Haudegen mit ein paar Waffen auf Toyotas handelt", zitiert die Onlineausgabe des Wochenmagazins Jeune Afrique französische Regierungskreise.

Die Realität aber sehe ganz anders aus. "Was uns sehr überrascht hat, sind ihr Training, ihre moderne Ausrüstung und ihre Fähigkeit, sich dessen zu bedienen." So schossen die mutmaßlich von Al-Qaida-Kämpfern angeführten Islamisten bereits am ersten Tag der Intervention aus Paris am vergangenen Freitag einen Hubschrauber nahe der umkämpften Stadt Konna ab, ein französischer Pilot kam dabei ums Leben.

Seit Sonntag bombardieren französische Kampfflugzeuge nun auch die Waffenlager und Rückzugsorte der Islamisten in verschiedenen Städten im Norden - in einem Gebiet, das fast doppelt so groß ist wie Deutschland und das die Rebellen seit Monaten beherrschen. Es ist ungewiss, wie lange sie den Attacken standhalten können: In der Stadt Gao sind nach Angaben von Anwohnern am Sonntag mehr als 60 islamistische Kämpfer getötet worden; am Montag starteten die Rebellen im Zentrum des Landes aber eine Gegenoffensive. Doch wer ist dieser Gegner überhaupt, und woher bezieht er seine Stärke?

Wer ist dieser Gegner überhaupt?

Ein großer Teil der Waffen dürfte aus Libyen ins westafrikanische Mali gekommen sein. Nach dem Sturz und Tod des Machthabers Muammar al-Gaddafi im Oktober 2011 kehrten viele afrikanische Söldner in ihre Heimatländer zurück. Sie brachten Waffen, Munition und Fahrzeuge mit. Insbesondere malische Tuareg-Rebellen nutzen die neue Ausrüstung und das Machtvakuum nach einem Putsch in der Hauptstadt Bamako im Frühjahr 2012, um den Norden Malis unter ihre Kontrolle zu bringen und dort den Staat "Azawad" auszurufen. Dabei verbündeten sich die Tuareg mit islamistischen Kämpfern der Gruppen Ansar Dine ("Verteidiger des Glaubens") und Mujao ("Bewegung für Einheit und den Dschihad in Westafrika").

Diese Allianz erwies sich als brüchig: Die Tuareg-Rebellen sind keine islamistischen Fundamentalisten, sie fordern vorrangig mehr Autonomie für ihr Volk im von der Zentralregierung lange vernachlässigten Norden. Die radikalen Islamisten gewannen dort aber schnell die Oberhand, vertrieben die Tuareg aus den großen Städten und führten ihre Vorstellung von der Scharia ein, mit Amputationen und Steinigungen auf öffentlichen Plätzen. Es sollen insgesamt etwa 2000 bewaffnete Islamisten sein, die sich zuletzt im Norden Malis versammelt hatten.

Verbindungen zu al-Qaida

Besonders besorgniserregend ist in den Augen des Westens die Stärkung dieser Gruppen durch ihre Verbindungen mit al-Qaida. Sowohl die islamistischen Tuareg-Rebellen von Ansar Dine als auch - vor allem - die Kämpfer von Mujao sollen mit "al-Qaida im Islamischen Maghreb" (Aqim) kooperieren, ein Ableger des weltweiten Terrornetzes. So verkündete Mujao jüngst die Gründung einer neuen Brigade mit vier Bataillonen, von denen drei nach hohen Al-Qaida-Führern benannt sind.

Aqim selbst ist aus algerischen Salafisten hervorgegangen und bereits seit etwa zehn Jahren im Norden Malis aktiv. Durch Geiselnahmen sowie aus dem Drogenhandel und Waffenschmuggel in den Weiten der Sahara soll diese Gruppe viele Millionen Dollar verdient haben. Darüber hinaus wird immer wieder kolportiert, dass Geld aus dem Emirat Katar und anderen Golfstaaten nach Nordmali fließt.

Der Kommandeur des United States Africa Command, General Carter F. Ham, warnte im Dezember, dass al-Qaida seine Position in Mali ausbaue. Der nordafrikanische Ableger von al-Qaida gelte jetzt als eine der am besten bewaffneten und reichsten Zweigstellen der Welt, sagte Ham. BND-Chef Gerhard Schindler warnte fast zeitgleich davor, dass Mali zum "Rückzugs- und Ausbildungsraum für islamistische Kämpfer" werde. So sollen unter anderem bereits Islamisten aus Nigeria im Norden Malis trainiert worden sein.

Vorteil Mobilität

Auch die Mobilität der Islamisten, die mit ihren Pick-ups bisher etwa nach Niger und Mauretanien ausweichen konnten, ist ein taktischer Vorteil. Allerdings hat unter anderem Algerien die Bewachung der langen Grenze verschärft. Als Schwäche der Rebellen galt, dass sie sehr unterschiedlichen Gruppen angehören, deren Allianzen sich ständig zu verändern scheinen. Ansar Dine nahm zwischenzeitlich auch an Verhandlungen mit Malis Übergangsregierung teil. Das könnte aber auch ein taktisches Manöver gewesen sein.

In dieser Hinsicht birgt auch Frankreichs Intervention eine Gefahr: Der als heiliger Krieg dargestellte Kampf gegen den westlichen Gegner könnte die islamistischen Gruppen zusammenschweißen. Zumindest die Propaganda hat längst begonnen, diesen Widerstandsgeist zu beschwören. So erklärte ein Ansar-Dine-Sprecher am ersten Tag der französischen Intervention: "Wir haben keine Flugzeuge oder Raketen, aber wir haben den Glauben an Gott und das wird uns zum Sieg führen."

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