Mali:Islamisten zerstören Welterbestätten in Timbuktu

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Sie zu öffnen, soll Unglück bringen - nach der Zerstörung von mehreren Heiligengräbern haben Islamisten auch die "heilige Tür" der Sidi-Yahia-Moschee in Timbuktu eingerissen. Mali will sich nun an den Internationalen Strafgerichtshof wenden und brandmarkt die Verwüstungen als Kriegsverbrechen.

Islamistische Rebellen haben am Montag nach Angaben von Augenzeugen den Eingang der Sidi-Yahia-Moschee in Timbuktu im Norden von Mali zerstört. Die Angreifer hätten die "heilige Tür" des zum Weltkulturerbe zählenden Gebäudes eingerissen, die normalerweise nie geöffnet werde, sagte ein Bewohner der Stadt der Nachrichtenagentur AFP.

Islamistische Terroristen zerstören einen zum Weltkulturerbe zählenden Heiligenschrein in der malischen Stadt Timbuktu. (Foto: Videostandbild/AFP)

Auch die BBC meldet mittlerweile die Zerstörung des Eingangs der Moschee. Demnach erklärte ein Sprecher der Rebellengruppe Ansar Dine (Verteidiger des Islams), man habe das Ziel zu 90 Prozent erreicht, alle Mausoleen, "die nicht mit islamischem Recht vereinbar seien", zu vernichten.

Die Sidi-Yahia-Moschee gehört zu den drei großen Moscheen der Stadt und wird zusammen mit 16 islamischen Heiligengräbern von der Unesco als Weltkulturerbe gelistet. Am Wochenende hatten die Islamisten in Timbuktu bereits sieben Mausoleen eingerissen, die ebenfalls zum Weltkulturerbe zählen.

Nachdem die UN-Kulturorganisation am Donnerstag die Denkmäler auf die Liste der gefährdeten Weltkulturerbe-Stätten gesetzt hatte, begannen Mitglieder von Ansar Dine am Samstag, die Mausoleen einzureißen. Bis Montag zerstörten sie sieben von ihnen. "Wir werden alles zerstören und dann die Scharia in dieser Stadt anwenden", sagte ein Sprecher der Gruppe. Aus Sicht der Islamisten verstößt die Verehrung der Heiligen und ihrer Gräber gegen den Islam.

In der Wüstenstadt Timbuktu ist dieser Kult jedoch weit verbreitet und die Heiligen gelten als Beschützer der Stadt. Die zerstörte Tür führte einem Augenzeugen zufolge zu einem Heiligengrab. Dem örtlichen Glauben nach bringt es Unglück, sie zu öffnen. Ein anderer Augenzeuge sagte, die Islamisten hätten zeigen wollen, dass das Öffnen der Tür keine Folgen hat. Timbuktu war lange Zeit ein Zentrum der islamischen Lehre und Forschung. In der Stadt gibt es mehr als 300 Heiligengräber, 16 von ihnen werden von der Unesco als Weltkulturerbe geführt.

Verwüstung von Heiligengräbern kommt Kriegsverbrechen gleich

Mali will die verantwortlichen islamistischen Rebellen auf internationaler Ebene zur Verantwortung ziehen. Die Verwüstung historischer Heiligengräber komme Kriegsverbrechen gleich, erklärte die Regierung. Sie kündigte an, sich an den Internationalen Strafgerichtshof zu wenden.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief zu Gesprächen über eine Lösung der Krise auf und appellierte an alle Beteiligten, das Kulturerbe Malis zu bewahren. Ban rügte die Angriffe auf die Mausoleen als vollkommen ungerechtfertigt. Er bekräftigte nach Angaben eines Sprechers seine Unterstützung für die Bemühungen der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas, der Afrikanischen Union und Ländern der Region, der Regierung und Bevölkerung Malis bei der friedlichen Lösung der derzeitigen Krise behilflich zu sein.

Die Gruppe Ansar Dine steht mit dem Terrornetzwerk al-Qaida im Islamischen Maghreb (AQIM) in Verbindung und will in dem von ihr beherrschten, Azawad genannten Gebiet strenges islamisches Recht durchsetzen. Sie hatte nach einem Putsch im März das Chaos ausgenutzt und gemeinsam mit säkularen Kämpfern der Volksgruppe der Tuareg weite Teile des Nordens erobert. Dann kam es aber zu Auseinandersetzungen zwischen den beiden Rebellengruppen, und die Islamisten gewannen die Oberhand.

© Süddeutsche.de/AFP/dadp/sebi - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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