Magdalena Kopp:Die Frau, die "Lilly" war

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Magdalena Cäcilia Kopp kam aus Schwaben und wurde Terroristin. Sie heiratete Ilich Ramírez Sánchez, genannt "Carlos". Mit 67 ist sie nun gestorben. (Foto: picture alliance / dpa)

Sie kam aus einem schwäbischen Gasthaus und wurde zur Linksterroristin. Nun ist Magdalena Kopp im Alter von 67 Jahren gestorben.

Von Willi Winkler

Ihren ersten Freund lernte sie mit 18 an der Ulmer Hochschule für Gestaltung kennen. Michel Leiner arbeitete an einem Filmprojekt mit dem Titel "Auf der Suche nach dem Glück". Sie hatte Führerschein und Auto, Leiner nicht. Die Männer machten Film, sie durfte mithelfen. Sie lernte Fotografieren und ging mit ihrem Freund nach Frankfurt. Damals verglich sie sich mit einem Schaf und hatte Angst, dass der Vergleich zutreffen könnte.

In Frankfurt war es nicht so streng und langweilig wie daheim in Schwaben, dort fand der revolutionäre Kampf auf der Straße statt und im Verlag Roter Stern. Leiner übernahm Grafik und Herstellung, sie half mit und bekam ein Kind. Der Verlag spaltete sich: Eine Fraktion begann eine schier unendliche Hölderlin-Ausgabe, die andere verwandelte sich in eine Revolutionäre Zelle und stürzte sich als Hilfstruppe der Palästinenser in den bewaffneten Kampf. Aus der Schwäbin Magdalena Cäcilia Kopp wurde "Lilly", die mit Terroristen zusammen war und bei Anschlägen mithalf. Sie folgte den Männern in den Untergrund, ging mit in den Orient und nach Osteuropa.

Der venezolanische Anführer Ilich Ramírez Sánchez, genannt Carlos, verliebt sich in Lilly und schickt sie nach Paris, um mit einem Sprengstoffanschlag Schutzgeld zu erpressen. Sie wird verhaftet und vor Gericht gestellt. Carlos schreibt an den deutschen und den französischen Innenminister und fordert die Freilassung seiner Freundin. Seine Truppe unternimmt Anschläge auf die französischen Eisenbahnen, um sie freizupressen. Sie wird dennoch verurteilt. Nach ihrer Freilassung bestellt Carlos sie nach Syrien. Er will ein Kind, sie bekommt es. Sie heiraten, aber bald schickt er Frau und Kind zu seiner Familie nach Venezuela. Carlos wird 1994 im Sudan verhaftet; in Frankreich verbüßt er eine lebenslange Freiheitsstrafe. Lilly kommt aus Südamerika zurück, wird wieder Magdalena Kopp und sagt über das revolutionäre Treiben der Männer aus. Das Glück kommt nicht mehr vor.

In dem Film "In the Darkroom" sitzt sie zuletzt allein in ihrer Ulmer Wohnung, die "freundliche Arbeiterin der Revolution", wie sie ein alter Freund nennt. Am vergangenen Montag ist Magdalena Kopp mit 67 Jahren gestorben.

© SZ vom 22.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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