Machtkampf in Peking:China entmachtet Spitzenkader Bo

Der aufstrebende Politiker Bo Xilai ist nun auch vom Politbüro der Kommunistischen Partei ausgeschlossen worden. Dem populären Funktionär wird Korruption vorgeworfen - und seine Ehefrau soll einen Briten ermordet haben.

Der chinesische Spitzenpolitiker Bo Xilai ist entmachtet worden. "Genosse Bo wird wegen schwerwiegender Verletzungen der Disziplin ausgeschlossen", meldete die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua. Dieser Begriff wird in China in der Regel im Zusammenhang mit Korruptionsdelikten verwendet. Das Politbüro der Partei hat nur 25 Mitglieder.

China's former Chongqing Municipality Communist Party Secretary Bo and his wife pose for group photos at a mourning in Beijing

Entmachtet: Spitzenkader Bo mit seiner des Mordes verdächtigen Ehefrau, hier im Jahre 2007.

(Foto: REUTERS)

Doch die Affäre um den als ehrgeizig geltenden KP-Funktionär ist damit noch nicht ausgestanden: Die Ehefrau des 62-Jährigen soll einen Menschen umgebracht haben. In einer weiteren Meldung hieß es, seine Gattin Gu Kailai und eine Haushaltshilfe seien dringend verdächtig, den britischen Geschäftsmann Neil Heywood ermordet zu haben. Das habe die Wiederaufnahme der Ermittlungen ergeben. Zwischen Gu und Heywood habe es einen Streit über nicht näher beschriebene wirtschaftliche Interessen gegeben. Der britische Außenminister William Hague begrüßte die Entscheidung Chinas, die Ermittlungen im Fall Heywood wiederaufzunehmen.

Die Berichte bestätigten zugleich Informationen aus Parteikreisen, wonach Bo nach seinem Amt als Parteichef der Millionenmetropole Chongqing nun auch seine Posten in Zentralkomitee und Politbüro verloren hat. "Damit ist Bos Karriere endgültig beendet", kommentierte der als unabhängig geltende Pekinger Politikexperte Chen Ziming die Vorgänge an der Parteispitze.

Bo, der zu den populärsten aber auch umstrittensten Politikern der Volksrepublik gehörte, hatte sich Hoffnungen auf den Aufstieg in den Ständigen Ausschuss des Politbüros gemacht. Dem eigentlichen Machtzentrum der chinesischen Kommunisten gehören weniger als die Hälfte der Mitglieder des Politbüros an. Das Politbüro wird vom Zentralkomitee bestimmt, das aus etwa 200 Funktionären besteht. Die Parteiführung wird in diesem Jahr neu gewählt.

Bo vertrat eine eher traditionalistische und egalitäre Politik, die im Widerspruch zum wachstumsorientierten Kurs der restlichen Parteiführung stand. So versprach er als Parteichef von Chongqing die Unterschiede zwischen Arm und Reich einzuebnen. Das weckte Hoffnung, der Funktionär würde eine solche Politik auch in der unmittelbaren Parteiführung verfolgen.

Die Affäre um Bo war ins Rollen gekommen, weil sich einer seiner Stellvertreter in Chongqing im Februar für 24 Stunden in ein US-Konsulat geflüchtet hatte. In der Folge war es zu zahlreichen Enthüllungen gekommen, von denen Bo vor seiner Entmachtung sagte, sie sollten "Schmutz auf meine Familie werfen". Seine Anhänger sehen in Bo das Opfer einer Verschwörung.

Ministerpräsident Wen Jiabao hatte den Funktionär im März wegen dessen Politik öffentlich gerügt und vor einer Verklärung der Ära des 1976 gestorbenen Staatsgründers Mao Zedong gewarnt.

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