Machtkampf in der Ukraine:Klitschko fordert Janukowitschs Rücktritt

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Noch immer brennen die Barrikaden in Kiew (Foto: Getty Images)

Im Machtkampf mit der Opposition zeigt sich Präsident Janukowitsch zu weiteren Zugeständnissen bereit, doch Oppositionspolitiker Klitschko fordert persönliche Konsequenzen. In Kiew kommt es erneut zu Ausschreitungen.

Angesichts des steigenden Drucks von internationaler Seite und der anhaltenden Proteste geht Präsident Viktor Janukowitsch auf seine Kritiker zu. Er kündigt unter anderem an, die umstrittenen Gesetzesreformen rückgängig zu machen - doch der Opposition reicht das nicht.

Chronologie der Proteste
:Jahr des Aufbruchs in der Ukraine

Janukowitsch ist getürmt, Julia Timoschenko frei - und die bisherigen Regierungsgegner arbeiten im Eiltempo an neuen politischen Strukturen: Die Entwicklung der vergangenen Tage und Wochen in Bildern.

  • Janukowitsch verspricht Regierungsumbildung: Präsident Viktor Janukowitsch stellt der Opposition weitere Zugeständnisse wie eine Regierungsumbildung in Aussicht. Bei einer Sondersitzung des Parlaments am Dienstag werde es einen Kabinettswechsel geben, kündigte der prorussische Staatschef an. Zudem werde es Änderungen an umstrittenen Gesetzen zur Versammlungs- und Pressefreiheit geben. Der Präsident versprach weiterhin, diejenigen festgenommenen Demonstranten zu begnadigen, die keine schweren Verbrechen begangen hätten.
  • Klitschko weist Zugeständnisse zurück: Oppositionspolitiker Vitali Klitschko gehen die Angebote des Präsidenten nicht weit genug, er fordert persönliche Konsequenzen: "Janukowitsch muss gehen." Die prowestlichen Regierungsgegner wären zu Beginn der Proteste mit der Entlassung von Innenminister Witali Sachartschenko zufrieden gewesen. "Und vor zwei Wochen hätte uns der Rücktritt der Regierung genügt", sagte der Ex-Boxweltmeister. Heute würden die Menschen aber eine Neuwahl des Staatschefs fordern.
  • EU-Vermittlungsmission in Kiew beginnt: Am Nachmittag traf sich der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch in Kiew mit dem EU-Erweiterungskommissar Štefan Füle zu Gesprächen. Mit dabei war auch der neue Chef der Präsidialverwaltung, Andrej Kljujew. Seine Ernennung hatte unter Regierungsgegnern Empörung ausgelöst. Denn Kljujew soll das harte Vorgehen gegen eine Pro-EU-Demonstration am 30. November 2013 in Kiew befohlen haben. Dieses Ereignis war einer der Auslöser der bis heute andauernden Proteste gegen Janukowitsch.
  • Erneut Ausschreitungen in Kiew: In der ukrainischen Hauptstadt Kiew ist es nach einer zwischenzeitlichen Beruhigung der Lage erneut zu Auseinandersetzungen gekommen. Demonstranten warfen am Abend nach Behördenangaben vereinzelt Steine und Brandsätze auf Polizisten. Die Opposition beklagte, sie sei von den Sicherheitskräften mit Blendgranaten attackiert worden. Erneut brannten Barrikaden. Insgesamt blieb die Lage aber nach Angaben der Agentur Interfax vergleichsweise ruhig. In der Nacht zu Freitag hatten Regierungsgegner das Landwirtschaftsministerium in Kiew besetzt.
  • Zusammenstöße auch im übrigen Land: Im Westen der Ukraine kam es in verschiedenen Städten zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften. Regierungsgegner hielten mehrere offizielle Gebäude besetzt. In Tscherkassy nahe Kiew wurde eine junge Frau beim versuchten Sturm auf die Gebietsverwaltung schwer verletzt. Die Polizei nahm etwa 60 Demonstranten vorläufig fest.
  • EU-Länder bestellen ukrainische Botschafter ein: Wegen des gewaltsamen Vorgehens gegen die Opposition in Kiew hat der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier den Botschafter der Ukraine zum Gespräch ins Auswärtige Amt gebeten. Auch die französische Regierung bestellte den ukrainischen Botschafter in Paris ein. "Es gab den Befehl, auf die Menge zu schießen, was natürlich inakzeptabel ist", sagte Außenminister Laurent Fabius. Die ukrainische Regierung hat bisher dementiert, dass es einen solchen Befehl gegeben habe. Allerdings entschuldigte sich das ukrainische Innenministerium für die Misshandlung eines nackten Mannes durch Polizisten, ein Video davon kursiert im Internet. Das Parlament im Nachbarland Polen verurteilte in einer Erklärung die Eskalation der Gewalt scharf. Auch Litauen bestellte den ukrainischen Botschafter in Vilnius ein.
  • Prozess gegen Timoschenko vertagt: Das Gericht in der Stadt Charkow vertagt eine Verhandlung im Steuerhinterziehungs-Prozess gegen die inhaftierte Oppositionsführerin Julia Timoschenko - weil der Richter krank sei, hieß es am Freitag auf der Internetseite der Ex-Regierungschefin. Ihr Anwalt Alexander Plachotnik warf der Justiz nun vor, die Sitzung absichtlich zu verhindern, um Timoschenko keine Bühne für Kritik an Präsident Janukowitsch zu bieten. Sie hatte nach den tödlichen Schüssen auf Demonstranten in Kiew das Volk zum Aufstand gegen ihren Erzfeind aufgerufen.
  • Hintergrund: Nachdem es am Mittwoch mehrere Tote gegeben hatte, griffen die Proteste von Oppositionellen am Donnerstag auch auf den Westen des Landes über. Kanzlerin Angela Merkel warnte Janukowitsch in einem Telefonat vor einer weiteren Eskalation. Die EU kündigte eine Vermittlungsmission an.

Linktipps: Einen Livestream aus Kiew gibt es hier, die Kyiv Post aktualisiert ihre Meldungen ständig. Eine Twitterliste finden Sie hier.

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