Machtkampf in der FDP:Mitleid mit Westerwelle

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Westerwelles Abgang als FDP-Vorsitzender scheint besiegelt. Kritiker sprechen im Zusammenhang mit ihm sogar von einem "Igitt-Faktor", doch Generalsekretär Lindner mahnt zum Respekt. Ein Bekenntnis zu seinem Parteichef gibt aber auch er nicht mehr ab.

Seit Tagen tobt ein öffentlicher Machtkampf in der FDP-Spitze, am Montag könnte nun endlich eine Entscheidung über die Zukunft von Parteichef Guido Westerwelle fallen. Nach heftiger Kritik an dem FDP-Vorsitzenden hat Generalsekretär Christian Lindner am Samstag die Gegner gemaßregelt. Auf einem Bezirksparteitag forderte er Respekt für Westerwelle. Ein Bekenntnis zu seinem Vorsitzenden wollte aber auch er nicht mehr abgeben. Er rechne mit einer "personellen und inhaltlichen Neuaufstellung", sagte Lindner, der als möglicher Nachfolger Westerwelles gehandelt wird.

Der Druck auf Parteichef Westerwelle wächst. Schon am Montag könnte eine Entscheidung fallen. (Foto: dapd)

Lindner machte zudem klar, es gehe bei der Neuaufstellung nicht allein um den Bundesvorsitzenden. Es sei "essenziell erforderlich, mit neuen Gesichtern für Glaubwürdigkeit, Kompetenz, Respekt und Sympathie zu werben". Gleichzeitig verwahrte er sich dagegen, Westerwelle Respekt und Anstand zu verweigern. "Es erstaunt mich, wer jetzt alles glaubt, sich an Westerwelle reiben zu müssen und welches Vokabular dazu benutzt wird", kritisierte er den Stil der Führungsdebatte.

Nach dem Wahlfiasko in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt waren immer mehr Landesverbände von Westerwelle abgerückt. Fraktionschefin Birgit Homburger und Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger gingen offen auf Distanz. Von Parteifreunden wird Westerwelle vorgeworfen, er beschädige die Liberalen. FDP-Bundesvorstandsmitglied Jorgo Chatzimarkakis sprach im Deutschlandradio Kultur sogar von einem "Igitt-Faktor", bedauerte das aber später.

"Dass sich am Montag nichts ändert, wird die Partei nicht akzeptieren"

Ähnlich wie Lindner äußerte sich Präsidiumsmitglied Silvana Koch-Mehrin. "Der Stil (...) gefällt mir nicht", sagte sie der Bild-Zeitung. Aber es sei "völlig klar, dass es große Veränderungen in der Führungsspitze der FDP geben wird". "Dass sich am Montag nichts ändert, wird die Partei nicht akzeptieren", machte der nordrhein-westfälische FDP-Vorsitzende Daniel Bahr in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung deutlich. Das FDP-Präsidium wird voraussichtlich am Montag die Weichen für den personellen Umbau stellen.

Neben Lindner wird Philipp Rösler als möglicher Nachfolger von Westerwelle gehandelt. Nach Angaben der Zeitung Die Welt erwägt Rösler, auf dem Parteitag Mitte Mai in Rostock zu kandidieren. Unklar ist aber, ob Rösler als möglicher neuer FDP-Chef Gesundheitsminister bleiben wolle oder in ein anderes Ressort wechselt. Infrage dafür käme etwa das bislang von seinem Parteifreund Rainer Brüderle geleitete Wirtschaftsministerium. Passend dazu forderte der neue Brandenburger FDP-Landesvorsitzende Gregor Beyer in einem Interview den Rücktritt von Brüderle.

Die dritte mögliche Kandidatin für das Amt des Parteivorsitzenden, Leutheusser-Schnarrenberger, wies derweil auf einem Landesparteitag der FDP eigene Ambitionen indirekt zurück. "Ich biete an, mich im Team einzubringen, ich war immer eine Teamplayerin", sagte die bayerische FDP-Landeschefin. Westerwelle selbst schwieg in Japan zu seiner politischen Zukunft. "Ich werde bestimmt nicht auf einer Auslandsreise in Japan zu Parteipolitik in Deutschland Stellung beziehen." Der Außenminister wollte am frühen Sonntagmorgen nach Berlin zurückkehren.

Am Freitag war bekanntgeworden, dass Westerwelle unter massivem Druck aus der Partei seinen Rückzug als FDP-Chef erwägt - wenn er Außenminister und Vize-Kanzler bleiben kann. Es gebe bislang aber dazu "weder eine Entscheidung noch eine Vorentscheidung", sagte ein Vertrauter Westerwelles der Nachrichtenagentur dpa. Nach den Worten von Grünen-Chef Cem Özdemir sollte Westerwelle auch als Außenminister zurücktreten. Der Bild am Sonntag sagte Özdemir: "Als Parteivorsitzender macht er sicherlich einen besseren Job als im Auswärtigen Amt."

Der Vorsitzende des FDP-Bezirksverbands Köln, Werner Hoyer, nannte Westerwelle dagegen das "Opfer einer monatelangen öffentlichen Hetzkampagne". Hoyer ist Staatsminister im Auswärtigen Amt.

Ein zweiter Führungsstreit zeichnet sich derweil im FDP-Landesverband in Baden-Württemberg ab. Am Samstag trat der Vorstand komplett zurück und zog damit die Konsequenz aus dem schlechten Abschneiden bei der Landtagswahl. Die Landesvorsitzende Homburger sagte, sie habe in einer Telefonkonferenz dem Präsidium diesen Schritt vorgeschlagen. Dieser sei einstimmig angenommen worden. Homburger stellte zugleich klar, sie wolle auf dem Parteitag am 21. Mai wieder als Vorsitzende des Landesverbands kandidieren. In Parteikreisen wird indes nicht ausgeschlossen, dass sich Gegenkandidaten zur Wahl stellen.

© dpa/AP/AFP/afis - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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