Maaßen verkündet Veränderungen:Verfassungsschutz will "Querdenker-Gruppe" aufbauen

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Konsequenzen aus dem NSU-Debakel: Die Sicherheitsbehörde des Bundes wird grundlegend umgebaut. Mitarbeiter sollen Fortbildungen zum richtigen Umgang mit Daten besuchen und stärker vom Parlament kontrolliert werden. Doch vielen Politikern reicht das noch nicht.

Von Tanjev Schultz

Das Bundesamt für Verfassungsschutz will seine Arbeitsweise grundlegend verändern. Am Freitag kamen die Mitarbeiter deshalb zu einer Dienstversammlung am Sitz der Behörde in Köln zusammen. Der "Modernisierungsstau" müsse bis zum Sommer abgebaut werden, hieß es. Der Präsident des Bundesamts, Hans-Georg Maaßen, sprach von einem "Paradigmenwechsel". Geplant sind Fortbildungen, der Aufbau einer "Querdenker-Gruppe" und einer zentralen V-Leute-Datei, eine bessere parlamentarische Kontrolle sowie die Konzentration nachrichtendienstlicher Mittel auf militante Extremisten.

Der Verfassungsschutz will Informationen weniger wahllos sammeln als bisher, sondern "zielorientiert", wie aus Behördenkreisen verlautete. Man müsse wegkommen vom Prinzip eines "Staubsaugers", der alles aufnehme, was zu verfassungsfeindlichen Bestrebungen verfügbar sei. Künftig sollen den Beamten bessere Vorgaben gemacht werden, welche Informationen benötigt würden. Damit soll auch die Lehre aus dem Debakel rund um die Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrund" gezogen werden. Die Suche nach den untergetauchten Neonazis habe man damals wegen fehlender "Zielorientierung" aus den Augen verloren.

Fortbildungen zum korrekten Umgang mit Daten

Nach der Affäre um geschredderte Akten soll die Position des Datenschutzbeauftragten gestärkt werden. Alle Mitarbeiter sollen eine Fortbildung zum korrekten Umgang mit Akten absolvieren. Eine "kleine, aber feine" Gruppe von "Querdenkern" - die Rede ist von einer Handvoll Mitarbeitern - soll dazu beitragen, dass sich der Verfassungsschutz in seinen Analysen nicht verenge. Das Bundesamt soll auch seine Kompetenz im Umgang mit digitalen Technologien verbessern. Man "ersaufe" ansonsten in Informationen, hieß es.

Nach Darstellung aus Sicherheitskreisen legt man Wert darauf, dass alle 2800 Mitarbeiter an dem Umbau beteiligt werden. Der Versuch, eine Reform von oben durchzusetzen, habe sich in den vergangenen Jahren als wenig erfolgreich erwiesen.

"Gut gemeint ist noch nicht gut gemacht"

Der Einsatz von V-Leuten könnte künftig jedes Jahr von der "G-10-Kommission" genehmigt werden. Sie wird vom Parlament eingesetzt und ist bisher nur zuständig für Abhörmaßnahmen. Der FDP-Innenexperte Hartfrid Wolff begrüßte den Vorstoß im Grundsatz, sagte aber: "Gut gemeint ist noch nicht gut gemacht. Ich kann mir eine weitergehende Kontrolle vorstellen". Die Reform sei "noch nicht rund".

Die SPD fordert in ihrem Konzept, dass V-Leute-Einsätze in jedem Einzelfall der Kommission vorgelegt werden. In Sicherheitskreisen ist bisher nur von einer pauschalen Genehmigung für grob definierte Einsatzfelder die Rede. Die SPD verlangt zudem, die für den Rechtsextremismus zuständige Abteilung des Verfassungsschutzes nach Berlin und damit in die Nähe des Bundesinnenministeriums zu verlegen. Solche Pläne hören sie bei der Behörde in Köln nicht so gern.

© SZ vom 23.02.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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