Lufthansa-Piloten:Klein, mächtig, selbstherrlich und destruktiv

Lesezeit: 2 min

Der Streik der Piloten kann das Unternehmen in den Ruin treiben. Dann helfen den Streikenden ihre alten Privilegien auch nichts mehr.

Von Caspar Busse

Carsten Spohr ist eigentlich einer von ihnen. Der Vorstandsvorsitzende der Lufthansa verfügt selbst über eine Lizenz als Pilot für Verkehrsflugzeuge. Wenn Spohr in einer Lufthansa-Maschine mitfliegt, schaut er immer auch im Cockpit vorbei und spricht mit den Piloten. Besonders angenehm dürften diese Besuche zuletzt nicht gewesen sein.

Auch an diesem Dienstag und Mittwoch streiken die Lufthansa-Piloten wieder, wie schon in der vergangenen Woche fallen Hunderte Flüge aus, Zehntausende Passagiere können nicht abheben. Die Kunden sind genervt, die übrigen Lufthansa-Mitarbeiter in Sorge und rufen zu einem Ende der Streiks auf. Der Schaden für Lufthansa wird immer größer. Die Kosten des Ausstands gehen in die Millionen, die Buchungen sind angesichts der Unsicherheit rückläufig, das Image als zuverlässige Airline leidet gewaltig. Wenn die knapp 5 000 betroffenen Piloten nicht endlich einlenken, werden sie das weltweit angesehene Unternehmen zugrunde richten.

Natürlich ist es legitim, wenn Beschäftigte zur Durchsetzung ihrer Forderungen in den Ausstand treten. Das ist in der Metallbranche so, das ist auch im öffentlichen Dienst so. Doch wie die Piloten in diesem nun schon seit Jahren währenden Tarifstreit agieren, geht weit darüber hinaus. Sie fordern selbstherrlich ein Lohnplus von 20 Prozent, und das, obwohl die Gehälter ohnehin automatisch um durchschnittlich drei Prozent im Jahr steigen.

Die Piloten wollen ihre Privilegien nicht verlieren

Der Job eines Flugzeugführers ist anspruchsvoll, er trägt die Verantwortung für viele Passagiere, die Arbeitsbedingungen und -zeiten sind belastend. Dafür werden sie aber auch gut entlohnt: Ein Pilot in einer Lufthansa-Maschine verdient durchschnittlich zwischen 140 000 und 180 000 Euro im Jahr, deutlich mehr als die Kollegen bei den anderen Konzerngesellschaften wie Eurowings oder bei Konkurrenten. In diesem Tarifkonflikt geht es denn auch um viel mehr. Die Piloten wollen ihre Privilegien nicht verlieren, die ihnen vor vielen Jahren in deutlich besseren Zeiten gewährt wurden. Sie bangen auch um ihren weitreichenden Einfluss, wenn Konzernchef Spohr die Fluggesellschaft umbaut. Sie wollen am Ende die Billigtochter Eurowings verhindern, auch wenn sie das öffentlich nicht sagen.

Mit ihrem zermürbenden Streik will die kleine, aber mächtige Gruppe der Lufthansa-Piloten, die vier Prozent der 120 000 Lufthansa-Mitarbeiter repräsentieren, nur für sich das Beste herausholen, zum Schaden aller. Sie sind bereit, dafür die Zukunft ihres Unternehmens aufs Spiel zu setzen. Dabei hat sich die Welt sehr geändert: Lufthansa ist schwer unter Druck und wird von Billiganbietern wie Easyjet und Ryanair auf der einen, von arabischen Fluggesellschaften wie Emirates und Etihad auf der anderen Seite bedrängt. Die Kosten bei den Deutschen sind zu hoch, der Service nicht immer gut genug. Konzernchef Spohr will darauf mit der eigenen Billigtochter Eurowings reagieren. So bitter es ist: Es muss gespart werden, auch bei den Piloten, ob sie wollen oder nicht.

© SZ vom 30.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: