London:Ins Herz

Terror lebt von der Symbolik. Kaum irgendwo auf der Welt kann ein Täter mehr Aufmerk-samkeit erzeugen, als vor dem britischen Parlament. Westmin-ster ist der Symbolort der freien Rede und der freien Welt. Die sollte entschlossen aber nicht blindwütig antworten.

Von Stefan Kornelius

Wer das britische Parlament angreift, der greift das Herz der Demokratie im Vereinigten Königreich und mithin das Selbstverständnis und Selbstbewusstsein des Landes an. Dies ist die Repräsentanz des Willens jedes einzelnen Briten. Westminster steht für die offenste aller Staatsformen und die Freiheit der Rede - Errungenschaften, die gerade an einem Mittwoch in der Fragestunde der Premierministerin zelebriert werden.

London war schon zu Beginn der islamistischen Terrorwelle Ziel von Angriffen. 2005, am 7. Juli, starben 52 Menschen und die vier Attentäter, 784 Menschen erlitten Verletzungen. Ob der oder die Täter vom 22. März 2017 nun aus terroristischen Motiven oder in geistiger Verwirrung handelten - die Taten verlieren deswegen nicht an Schrecken und erinnern immer wieder an die Verletzlichkeit offener Gesellschaften und die inzwischen fast banal klingende Weisheit, dass es keinen endgültigen Schutz gibt.

Wie immer entfaltet Terror seine Wirkung weniger in der unmittelbaren Mordtat, sondern in der Symbolik. Nach dem Angriff auf die New Yorker Zwillingstürme, dem Symbol des kapitalistischen Westens schlechthin, konnte kaum irgendwo eine Tat stärker wirken als vor dem britischen Parlament. Die Antwort sollte deswegen in der Tradition dieses Parlaments gegeben werde: entschlossen, aber keineswegs blindwütig.

© SZ vom 23.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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