Löhne:Gerechtigkeit durch Transparenz

Löhne: Familienministerin Manuela Schwesig muss ihren umstrittenen Gesetzentwurf verteidigen.

Familienministerin Manuela Schwesig muss ihren umstrittenen Gesetzentwurf verteidigen.

(Foto: John MacDougall/AFP)

Ein Gesetz soll die Bezahlung von Frauen und Männern angleichen.

Von Constanze von Bullion, Berlin

Es war ein besonders hart umkämpftes Gesetz der Bundesregierung, und mancher hoffte bis zuletzt, es werde nie kommen. Allen Widerständen zum Trotz und begleitet von Kritik aber soll das "Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen" am Donnerstag im Bundestag verabschiedet werden. Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD), die mit dem Gesetz die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern verkleinern will, begrüßte die Zustimmung der Union. CDU und CSU im Bundestag hatten am Dienstagabend für Schwesigs Gesetzentwurf gestimmt, gegen erhebliche Einwände aus dem Wirtschaftsflügel der Fraktion und bei 40 Gegenstimmen.

Das Ja der Union nach langem Zaudern schreiben sich in der CDU/CSU-Fraktion vor allem die weiblichen Abgeordneten zu. "Seit 2010 hat die Frauen-Union nicht lockergelassen und sich massiv für eine gesetzliche Regelung zur Lohngerechtigkeit eingesetzt. Freiwillige Selbstvereinbarungen waren keine Lösung", sagt Annette Widmann-Mauz, Vorsitzende der Frauen-Union der CDU. "Wir brauchen mehr Transparenz, denn die nachgewiesene Lohnlücke von Frauen wird im Alter zur Rentenlücke." Immer seltener seien Frauen über den Ehepartner oder eine Witwenrente abgesichert. Eine eigenständige Altersvorsorge werde daher immer wichtiger.

Die Lohnlücken zwischen den Geschlechtern sind in Deutschland größer als in Resteuropa

Die Lohn- und Rentenlücken zwischen den Geschlechtern sind in Deutschland größer als in nahezu jedem Land Europas. Das liegt an langen Teilzeitphasen, Qualifikation, aber auch an struktureller Benachteiligung. Da Frauen in der Regel gar nicht erfahren, ob und wie viel weniger sie verdienen, räumt das "Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen" Arbeitnehmern nun einen Auskunftsanspruch ein. In Betrieben ab 200 Mitarbeitern können sie erfahren, was fünf Kollegen des anderen Geschlechts bei gleicher Leistung verdienen, im Durchschnitt. Mitgerechnet werden zwei Sonderleistungen wie Boni oder Dienstwagen. In tarifgebundenen Unternehmen gibt der Betriebsrat Auskunft. In tarifungebundenen Unternehmen muss der Arbeitgeber direkt darlegen, ob er gerecht bezahlt. Die Beweislast kehrt sich also um. Die regelmäßige Überprüfung, ob der Betrieb gerecht bezahlt, bleibt anders als geplant freiwillig.

Arbeitgeberverbände kritisierten das Gesetz als bürokratisch, die Grünen halten es für wirkungslos. Gut 90 Prozent der Beschäftigten in größeren Betrieben bringe es nichts, denn wo ein Tarifvertrag gelte, bestehe nur ein vereinfachter Auskunftsanspruch. "Schwesigs Luftnummer" wollen die Grünen vor der Verabschiedung mit einem geplatzten Riesenballon würdigen.

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