Lobbyismus:Horch, was kommt von draußen rein

DLR

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt soll künftig Träger für ein Projekt zu sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche sein.

(Foto: Uwe Anspach/dpa)

Eigentlich ist die Beschäftigung von externen Mitarbeitern in Ministerien streng reglementiert. Im Forschungsministerium tummeln sie sich trotzdem.

Von Thorsten Denkler, Berlin

Wo wohl mag das Bundesforschungsministerium suchen, wenn es einen Experten für die "Umstrukturierung, Neuprofilierung sowie Gestaltung und Betreuung" der "Bundeswettbewerbe für junge Komponisten, Autoren und Schauspieler" sucht? Richtig: im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, kurz DLR. Das sind eigentlich die, die helfen, Ariane-Raketen in den Weltraum zu schießen. Oder an modernsten Düsentriebwerken tüfteln. Aber irgendwo in den unendlichen Weiten des DLR muss es auch für irdische Hochkultur einen Spezialisten gegeben haben. Bis zum Sommer 2014 jedenfalls saß so ein DLR-Spezialist für zwölf Monate im BMBF. Ein sogenannter externer Mitarbeiter.

Wenn Spezialfähigkeiten gebraucht werden, ist das DLR zum wichtigsten Partner für das BMBF geworden. Über alle Häuser waren zwischen Juli 2014 und Juni diesen Jahres 40 externe Mitarbeiter in den Bundesministerien eingesetzt. Das geht aus dem bisher unveröffentlichten 14. Bericht der Bundesregierung über den Einsatz externer Mitarbeiter hervor. Mit 24 solcher Mitarbeiter stellt das BMBF deutlich mehr als die Hälfte aller Externen.

Zum Verdruss von Bundesrechnungshof und Opposition. Hält sich doch das Ministerium nicht einmal an die Vorgaben der eigenen Bundesregierung. Seit 2008 gibt es für den Einsatz externer Mitarbeiter Regeln, zusammengefasst in einer Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung "zum Einsatz
 von außerhalb des öffentlichen Dienstes Beschäftigten (externen Personen) 
in der Bundesverwaltung
". Wegen dieser Vorschrift ist der Einsatz Externer in allen Ministerien stark zurückgegangen. Nur im BMBF tummeln sie sich noch.

Schon 2013 und 2014 hat der Rechnungshof bemerkt, dass er die Praxis des BMBF "kritisch" sehe. Er weist darauf hin, dass "hierbei Interessenkonflikte nicht ausgeschlossen sind".

Eine der Regeln lautet: "Der Einsatz externer Personen aus Unternehmen und Institutionen, zu denen die Institution der Bundesverwaltung in den letzten zwei Jahren Geschäftsbeziehungen unterhalten hat, ist nicht zulässig". BMBF und DLR stehen seit Jahrzehnten in einem wirtschaftlichen Verhältnis. Einerseits ist das DLR ein eigenständiger Verein mit Unternehmensstrukturen. Andererseits ist es der wichtigste Dienstleister für diverse Bundesministerien. Als Projektträger verwaltet es knapp eine Milliarde Forschungsgeld, vor allem des BMBF. Im kommenden Jahr deckt das BMBF den Grundbedarf des DLR für Forschung und Betrieb mit 410 Millionen, die Hälfte des DLR-Jahresbudgets.

Für die Opposition geht das schon lange nicht mehr. Roland Claus von der Linken sieht hier "Verfilztheit und Lobbyismus": "Wenn Ausschreibungsregeln im BMBF von Mitarbeitern des DLR gemacht werden, dann wundert es nicht, dass das DLR ständig die Ausschreibungen gewinnt."

Und zwar auch solche, die wenig mit den Kompetenzen des DLR zu tun haben. So gewann das DLR die Ausschreibung als Projektträger "Sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in pädagogischen Kontexten." Von rund 100 Projektträgerschaften konnte allein das DLR in diesem Jahr mindestens 37 übernehmen.

Kritik ficht das BMBF nicht an. Man habe "Vorkehrungen getroffen, um durch organisatorische Maßnahmen auch theoretisch denkbare Interessenkonflikte zu vermeiden", heißt es auf Nachfrage der SZ. Die Einwände des Bundesrechnungshofs sind im Haushaltsausschuss des Bundestages von der Koalition einfach wegbeschlossen worden. Ein Haushaltsvermerk stellt fest, dass externe Mitarbeiter "insbesondere" von Projektträgern des BMBF kommen dürfen.

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