Lissabon-Vertrag:EU-Gipfel kommt Tschechien entgegen

Nach zähen Debatten um den Reformvertrag steht der Durchbruch bevor. Auf dem EU-Gipfel stimmten die Staats- und Regierungschefs offenbar den Bedingungen Tschechiens zu.

Die Staats- und Regierungschefs der EU haben am Donnerstag eine der letzten Hürden für das Inkrafttreten des seit Jahren umstrittenen Reformvertrags von Lissabon beseitigt. Der EU-Gipfel nahm die tschechischen Bedingungen zur Ratifizierung an, wie aus Diplomatenkreisen verlautete. Demnach soll Tschechien mit einer Klausel garantiert werden, dass die Grundrechte-Charta des Lissabon-Vertrages nicht zu Regressforderungen von nach dem Zweiten Weltkrieg vertriebenen Sudentendeutschen führt.

EU; dpa

Der EU-Gipfel nahm offenbar die tschechischen Bedingungen zur Ratifizierung an - nun ist der Weg für den Lissabon-Vertrag so gut wie frei.

(Foto: Foto: dpa)

Präsident Vaclav Klaus hatte die Klausel zur Bedingung für seine Unterschrift gemacht.

Vor der Ratifizierung muss das tschechische Verfassungsgericht in der kommenden Woche noch entscheiden, ob der Lissabon-Vertrag verfassungskonform ist. Erklärt das Verfassungsgericht den Vertrag erneut für legal, könnte er nach Klaus' Unterschrift zum Jahresende in Kraft treten.

Die Gipfelrunde applaudierte, als Schwedens Premierminister Fredrik Reinfeldt die Einigung verkündete, sagten EU-Diplomaten. Details über die vereinbarte Formel wurden zunächst nicht mitgeteilt.

Mit der ergänzenden Formel soll klargestellt werden, dass die im Lissabon-Vertrag enthaltene Grundrechte-Charta keine Rechtsgrundlage für mögliche Klagen gegen die sogenannten Benes-Dekrete von 1945 sind. Auf der Grundlage dieser Dekrete waren Hunderttausende von Deutschen und Ungarn aus der damaligen Tschechoslowakei vertrieben worden.

Der EU-Ratsvorsitzende und schwedische Regierungschef Reinfeldt erwartet nun eine rasche Ratifizierung des Lissabon-Vertrags. "Der Weg für die Ratifizierung durch Tschechien steht jetzt offen", sagte er am Abend nach den Gipfelberatungen. Die mit Prag vereinbarte Fußnote sei "auch von den benachbarten Ländern" Tschechiens akzeptiert worden. "Die Einigung war möglich, weil viele europäische Politiker Führungsstärke und guten Willen gezeigt haben", sagte Reinfeldt.

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