Linke: Zoff um Parteiführung:Friede per Beschluss

In einer Krisensitzung hat sich die Linke österliche Ruhe verordnet - die Art und Weise, wie sie das tut, amüsiert das Pressekorps. Vieles deutet daraufhin, dass der interne Friede nicht lange halten wird.

Thorsten Denkler, Berlin

Wenn Appelle nichts mehr nützen, dann müssen bei der Linken Beschlüsse her. Seit Monaten zoffen sich die Spitzen der Partei um Kurs und Personal. Seit den vergeigten Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, wo sie den Einzug in die Parlamente überdeutlich verpasste, scheinen sich endgültig alle Schleusen geöffnet zu haben.

Sondersitzung Parteivorstand Linke Klaus Ernst und Gesine Lötzsch

Glückloses Spitzenduo: die Ko-Vorsitzenden Klaus Ernst und Gesine Lötzsch

(Foto: dpa)

Die Linke fühlt sich so malade, dass selbst Fraktionschef Gregor Gysi über eine Rückkehr des einstigen Großvorsitzenden Oskar Lafontaine auf die Berliner Bühne schwadroniert.

Zuletzt zog der Schatzmeister großen Unmut auf sich: Raju Sharma empfahl dem Parteivorsitzenden Klaus Ernst, einfach mal "die Klappe zu halten". Ernst hatte zuvor in einer Parteitagsrede in Hamburg über "Parteifunktionäre" gelästert, die das Erbe Lafontaines angriffen. Woraufhin sich vor allem ostdeutsche Spitzen-Linke auf den Schlips getreten fühlten.

Bundesgeschäftsführer Werner Dreibus legte Sharma den Rücktritt nahe. Vorzeigekommunistin und Parteivize Sahra Wagenknecht nannte Sharmas Frontalangriff gegen Ernst eine "unverschämte Anweisung". Er habe sich "für Führungsaufgaben vollständig disqualifiziert". Was ebenfalls als Rücktrittsdrohung aufgefasst wurde.

Darum saßen die Streithähne und -hühner an diesem Mittwoch zusammen im Karl-Liebknecht-Haus an der Kleinen Alexanderstraße im Osten Berlins. Viereinhalb Stunden Dampf ablassen in geschlossener Runde, das war der Plan für diese Sondersitzung des geschäftsführenden Parteivorstandes.

Und wie das so ist mit der Linken: Am Ende gibt es einen Beschluss. Der ist eine DIN-A4-Seite lang, enthält aber nur einen Kerngedanken: Schluss mit der Personaldebatte.

Wie sie jetzt darauf kommen, dass der Beschluss eingehalten werde, will nach der Sitzung ein Journalist wissen. Es sei ja schließlich nicht das erste Mal, dass es so was gegeben habe. Bisher habe es immer nur "Appelle" gegeben, erklärt Parteichef Klaus Ernst.

Na ja, und jetzt gebe es eben einen Beschluss.

Das sorgt für eine erste hörbare Erheiterung im Rund der Presseleute.

Wagenknecht sorgt für Heiterkeit bei der Presse

Haben sich jetzt alle wieder lieb in der Linken? So klingt es zumindest, als Parteichefin Gesine Lötzsch verkündet: Es sei anerkannt worden, dass es Verletzungen gegeben habe. Genauer: Ernst hat sich durch das "Klappe halten" von Schatzmeister Sharma verletzt gefühlt. Sharma habe das so akzeptiert und sich entschuldigt.

Bundesgeschäftsführer Dreibus hat daraufhin seine Rücktrittsforderung gegen Sharma zurückgezogen. Und Sahra Wagenknecht legte in der Runde, wie Lötzsch sagt, "Wert auf die Festsstellung dass sie nie den Rücktritt Sharmas gefordert habe". Auch an dieser Stelle: laute Lacher aus den Reihen der Journalisten.

Wenn Lötzsch und Ernst Glück haben, wird die per Beschluss verordnete Ruhe bis nach Ostern halten, vielleicht sogar bis zur Bremen-Wahl im Mai. Nur: Wahrscheinlich ist das nicht.

Ernst wird sein Image vom "Porsche-Klaus" nicht los. Lötzsch hat sich mit der von ihr angezettelten Kommunismus-Debatte offenbar mehr geschadet, als sie glauben will. Beide haben ihren Job nur, weil sie Mosaiksteine in einem filigranen personellen Gesamt-Tableau sind, das alle Flügel, Grüppchen und Interessengruppen in der Partei abdeckt. Wer das auflöst, der gefährdet die Existenz der Linken.

Das aber hat noch keinen daran gehindert, das glücklose Führungsduo nach Lust und Laune zu torpedieren. Beschluss hin oder her.

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