Linke in Hessen:Wahlparty im Swingerclub

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Die Linke als bunte Partei: Der Landesvorstand wirbt bei Grünen und SPD um die Zweitstimme - und eine Direktkandidatin lädt in ihren Swingerclub.

Thorsten Denkler

Wer in Hessen Mitglied der SPD und der Grünen ist, könnte dieser Tage Post von der Linkspartei bekommen. Zulässige Stimmwerbung würden die einen das Schreiben nennen - Bettelbrief die anderen. Passen würde Letzteres, die Partei liegt in Umfragen bei zittrigen fünf Prozent.

Die Landesvorsitzenden der Linken, Ulrich Wilken (links) und Ulrike Eifler nach ihrer Wahl auf dem Landesparteitag in Lollar bei Gießen im vergangenen Jahr. (Foto: Foto: dpa)

Auf einer DIN-A4-Seite flehen die beiden Landesvorsitzenden der Linkspartei, Ulrike Eifler und Ulrich Wilken, die Mitglieder der Konkurrenzparteien an, der Linkspartei doch bitte ihre Zweitstimme bei der Landtagswahl am kommenden Sonntag zu geben.

"Liebe Kolleginnen und Kollegen" heißt es auf der als "offener Brief" deklarierten DIN-A4-Seite. Um dann im ersten Satz sofort zur Sache zu kommen: "Wir bitten Sie, bei den Landtagswahlen am 18. Januar 2009 ihre Zweitstimme der Partei Die Linke zu geben."

Die Autoren gestehen sofort zu, dass die Bitte "ungewöhnlich" sei. Aber, so heißt es weiter, viele Mitglieder der SPD und von Bündnis 90/Die Grünen hätten für einen Politik- und Regierungswechsel gekämpft. Und: "Die Linke hat sich zuverlässig dafür eingesetzt."

Offenbar stört das Spitzenduo der Linken, dass sie nun links liegengelassen werden: "Wir verstehen nicht, warum SPD und Grüne eine Koalition mit Kochs CDU nicht ausschließen und ihren Wahlkampf gegen Die Linke richten." Bei der Landtagswahl für die eigene Partei zu stimmen, sei deshalb "auch eine Möglichkeit, sich dafür einzusetzen, dass SPD und Grüne sich nicht noch weiter für die Politik der CDU öffnen. Der Brief endet mit "solidarischen Grüßen".

Die Linkspartei in Hessen scheint überhaupt eine Partei der ungewöhnlichen Mittel zu sein. Für den Sonntag hat die ehemalige Bundestagsabgeordnete Heidi Lippmann, heute Direktkandidatin der Linken im Lahn-Dill-Kreis, zu einer fröhlichen Wahlparty eingeladen - in ihren Swingerclub. Wo sonst fröhlich Bäumchen-wechsel-Dich gespielt wird, sollen dann ihre Anhänger auf der Videoleinwand erfahren, wie der künftige Landtag der Hessen aussehen wird.

Heidi Lippmann hatte es vor einigen Jahren zu einiger Berühmtheit gebracht, weil sie nach der Wahl 2002 aus dem Bundestag heraus relativ zügig ins horizontale Gewerbe wechselte. Der Focus gab ihr daraufhin den Titel "Jobwechslerin des Jahres".

Die Linkspartei in Hessen hat inzwischen erwirkt, das Lippmann das Parteilogo nicht mehr auf der Website ihres Clubs "La Envie" in Münchhausen bei Marburg zeigen darf. Lippmann sagt dazu der Frankfurter Rundschau: "Ich bin offen damit umgegangen." Wo das Logo stand, steht jetzt die Entschuldigung, dass es "nach Aufforderung des hessischen Landesverbandes" entfernt werden musste.

Am Wahlabend findet im "La Envie" übrigens ausdrücklich keine Swingerparty statt. Der Eintritt ist zudem kostenlos. Normalerweise zahlt ein Paar 20 Euro und ein "Soloherr" 100 Euro; eine "Solodame" kommt gratis herein. Kondome werden gestellt.

Auch die Getränkepreise zur Wahlparty sind moderat. Alkoholfreies kostet einen Euro, Bier und anderes jeweils 1,50 Euro, Härteres bis zu drei Euro. Lippmann verspricht: "Der Whirlpool wird laufen, und sollte ein großer Teil der Leute später in die Sauna wollen, können wir die auch noch anstellen."

Wer das Lokal vorher schon kennenlernen will, der kann am Vorabend des Wahlsonntags das Programm "Darknight - alle Spielwiesen bleiben dunkel" goutieren. Am Montag nach der Wahl steht eine "Bi-Party für Sie und Ihn" auf dem Programm. Der Club liegt an der Bundesstraße 252 im Münchhausener Ortsteil Simtshausen.

Auf den Kandidaten-Seiten der hessischen Linken wirbt Lippmann dafür, dass die Linke bei der Wahl "deutlich gestärkt" in den Landtag einziehen müsse. "Dafür kämpfe ich im Wahlkreis 16." Überdies habe sie sich schon früh für "gleiche Rechte für alle" eingesetzt. Von ihrem Dasein als Swingerclub-Besitzerin ist hier keine Rede - als Berufsbezeichnung gibt sie vielmehr "Auslandskorrespondentin" an.

Ihr Kampf im Wahlkreis 16 dürfte aller Voraussicht nach von wenig Erfolg gekrönt sein. Schon ihr Vorgänger als linker Kandidat im Lahn-Dill-Kreis I, Karl-Klaus Sieloff, warnte eindringlich davor, seine Partei zu wählen. Die Parteiführung sei "verlogen, undemokratisch und totalitär", sagte der Mann vor einem Jahr. "Den Ton geben Anarchisten, Altkommunisten und Chaoten an." Die Linkspartei dürfe es "nicht in das Parlament schaffen".

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