Libyens Zukunft:Gaddafi juniors demokratische Visionen

Unabhängige Justiz, Presse und Zentralbank: Saif al-Islam al-Gaddafi hält eine Grundsatzrede - und dementiert, den Vater beerben zu wollen.

Der Sohn des libyschen Staatschefs Muammar el Gaddafi hatte sich für seine Grundsatzrede einen Ort fern der Hauptstadt ausgesucht. Etwa tausend Kilometer von Tripolis entfernt trat er in Benghasi auf - und sprach sich für eine Verfassung für den nordafrikanischen Staat aus.

Libyens Zukunft: Saif al-Islam al-Gaddafi während seiner Rede

Saif al-Islam al-Gaddafi während seiner Rede

(Foto: Foto: dpa)

"Unsere nächste Herausforderung wird eine Reihe von Gesetzen sein, die wir Verfassung oder Gesellschaftsvertrag oder anders nennen können", sagte der Gaddafi-Sohn.

Entscheidend sei dabei, dass das Leben der Libyer durch einen Vertrag organisiert werde, fügte Seif el Gaddafi hinzu. Er nannte die Autonomie der Zentralbank, die Unabhängigkeit der Justiz und Pressefreiheit als wesentliche Elemente eines möglichen Grundgesetzes.

Einschränkend fügte der Sohn des Staatschefs bei seiner Ansprache vor rund 40.000 Zuhörern in Benghasi hinzu, es gebe mehrere Grenzen, die auf keinen Fall überschritten werden dürften. Als sogenannte "rote Linie" bezeichnete er "die Beibehaltung der islamischen Rechtssprechung (Scharia), Sicherheit und Stabilität, Einheit des Staatsgebietes und Muammar el Gaddafi".

Der Gaddafi-Sohn verlangte einen "nationalen Dialog, der das gesamte libysche Volk umfasst, um so schnell wie möglich die ideale Lösung zu finden".

Saif al-Islam al-Gaddafi hat Spekulationen zurückgewiesen, er wolle seinen Vater als Revolutionsführer beerben. "Libyen wird kein Erbfolge-System werden und nicht zurückkehren zur Monarchie. Und wir wollen auch nicht, dass das Land zurückfällt in den Zustand der Diktatur"

Das nordafrikanische Land begeht am 1. September den 37. Jahrestag der Machtübernahme durch eine Gruppe von Offizieren unter der Führung von Gaddafi. Damals wurde die konstitutionelle Monarchie abgeschafft. Staatschef Gaddafi fungiert offiziell nur als "Ratgeber", während die Macht im Rahmen einer von ihm gewünschten "Direktdemokratie" von sogenannten Volkskomitees ausgeübt wird.

In einer Rede im vergangenen Jahr hatte Seif jedoch kritisiert, die Macht werde von einer "Mafia-Bürokratie" ausgeübt. Am Montag zeigte er sich bedeutend zurückhaltender.

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