Libyen:USA attackieren IS 

Amerikaner folgen damit einer Bitte der Regierung, der umstrittene Premierminister Serraj braucht dringend einen Erfolg im Kampf gegen die Extremisten.

Von Paul-Anton Krüger, Kairo

Die USA haben am Montag auf Bitten Libyens Luftangriffe auf Stellungen der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in der Hafenstadt Sirte geflogen. Das bestätigte Pentagon-Sprecher Peter Cook am Nachmittag. Damit sollten "mit der Regierung der nationalen Übereinkunft verbundene Kräfte" unterstützt werden, die versuchen, die wichtigste Hochburg der Extremisten in dem nordafrikanischen Land zurückzuerobern. Premierminister Fayez Serraj, Chef der international anerkannten Regierung in Tripolis, gab in einer im Fernsehen verlesenen Erklärung bekannt, er habe die Luftschläge angefragt; der Einsatz ausländischer Bodentruppen in Libyen sei aber nicht geplant. Der IS habe bei den Angriffen schwere Verluste erlitten.

Das Pentagon sprach vom Auftakt einer mehrtägigen Operation, die mit dem Einsatz von Drohnen begonnen habe. Das Kriegsschiff USS Wasp, das sowohl sechs senkrechtstartende Kampfjets vom Typ Harrier als auch Kampfhubschrauber an Bord hat, wurde vor die libysche Küste verlegt. Bereits am Wochenende habe es Aufklärungsflüge gegeben. Milizen überwiegend aus der Hafenstadt Misrata, die sich wiederum zum größten Teil der Einheitsregierung in Tripolis unterstellt haben, versuchen seit Wochen, die IS-Kämpfer aus Sirte zu vertreiben. Sie hatten vor drei Monaten eine Offensive gegen die Extremisten gestartet, nachdem IS-Selbstmordattentäter Kontrollpunkte attackiert hatten und versuchten nach Süden in die Wüste und nach Westen auf Misrata vorzustoßen.

Die Befreiung Sirtes wäre ein wichtiger Erfolg für den umstrittenen Premier

Nachdem die Milizionäre anfangs schnell bis an die Stadtgrenze von Sirte vorrücken konnten, versuchen sie seit Wochen vergeblich, die noch in der Stadt verschanzten IS-Kämpfer zu vertreiben und Sirte vollständig zurückzuerobern. Scharfschützen, Sprengfallen und Selbstmordattentäter des IS fügten den schlecht ausgerüsteten Milizionären dabei schwere Verluste zu. Sie beklagten nicht nur mangelnde Unterstützung des Westens für ihren Kampf, einige drohten auch, erneut nach Tripolis zu marschieren, wenn der Kampf um Sirte gewonnen sei.

Der IS hatte die Heimatstadt des gestürzten Diktators Muammar al-Gaddafi im März 2015 überrannt. Bis zu 3000 Kämpfer sollen sich dort aufgehalten haben, der größte Teil von ihnen Ausländer. Sie errichteten laut geflohenen Bewohnern ein Schreckensregime, bei dem öffentliche Hinrichtungen und Folterungen an der Tagesordnung waren. Westliche Geheimdienste befürchteten zeitweise, Libyen könne zum Rückzugsgebiet für hohe IS-Kader werden, wenn der IS in Irak und Syrien militärisch noch stärker unter Druck gerät.

Trotzt intensiver Spekulationen über eine mögliche Militärintervention hatten die USA und einige EU-Staaten sich entschieden, die Regierung Serrjas zu unterstützen, um Libyen zu stabilisieren. Lediglich einige wenige Angehörige von Spezialeinheiten wurden in Libyen eingesetzt. Drei Franzosen waren jüngst beim Absturz eines Hubschraubers nahe Benghazi getötet worden. Die Regierung in Tripolis hatte ihren Einsatz noch als Verletzung der Souveränität kritisiert. Die Befreiung Sirtes wäre ein wichtiger Erfolg für die umstrittene Regierung Serrajs, die vom Parlament in der östlichen Stadt Tobruk nach wie vor nicht anerkannt wird.

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