Libyen: Tochter des Revolutionsführers:Gaddafis liebstes Kind

Früher blondierte sie sich ihre Haare und war in Luxusläden im Ausland anzutreffen. Jetzt trägt sie Kopftuch - und wettert gegen die USA. Aischa Gaddafi gilt als das Lieblingskind des libyschen Despoten. Und als Vermittlerin zwischen den Söhnen.

Rudolph Chimelli

Arabische Zeitungen haben sie in besseren Zeiten "die Claudia Schiffer der Wüste" genannt, und die langhaarige, langbeinige Aischa, Tochter des libyschen Revolutionsführers Muammar al-Gaddafi, freute sich darüber. Die 34-jährige Anwältin ist das Lieblingskind ihres Vaters und steht ihm näher als seine sieben Söhne.

Aisha Gaddafi

Aischa Gaddafi bei ihrer Rede in Tripolis: Die einstige "Prinzessin des Friedens" gibt sich kämpferisch.

(Foto: dpa)

Vor einem Monat hieß es, sie habe versucht, sich nach Malta abzusetzen. Da der Maschine die Landung verweigert wurde, gab es keine Bestätigung. Jetzt erklärte Aischa ihre Loyalität, indem sie dem Feind von der Balustrade der schon 1986 im Auftrag des US-Präsidenten Ronald Reagan zerbombten Bab-Asisijah-Residenz in Tripolis zurief: "Verschwindet von unserem Himmel mit euren Bomben. Wir sind Menschen, die man nicht besiegen kann!"

Als Studentin an der Al-Fateh-Universität der Hauptstadt hatte Aischa bekannt: "Ich habe die Revolution im Blut." Am Londoner Hyde Park Corner ärgerte sie im Jahr 2004 die Briten mit einer Rede, in der sie die Terroristen der IRA als Freiheitskämpfer lobte. Den gestürzten irakischen Diktator Saddam Hussein wollte sie vor Gericht verteidigen. Sie empfand es als ihre Pflicht, dem Gedemütigten, den die Amerikaner in Unterwäsche vorführten, beizustehen.

Zugleich kannte man Aischa in den Luxusläden von Paris und London, Wien und Genf. Damals blondierte sie ihr Haar. Italienische Skandalreporter hängten ihr, frei erfunden, eine Affäre mit Premierminister Silvio Berlusconi an. Für einen Schlager des algerischen Raï-Sängers Khaled mit dem Titel "Aischa" erdichteten ihre libyschen Bewunderer Extra-Strophen.

Das ist vorbei. Vor fünf Jahren heiratete Aischa einen Cousin aus der väterlichen Familie, Ahmed al-Gaddafi al-Kasi, Oberst des Heeres. Sie haben inzwischen drei Kinder. Ihre Anläufe, eine gute Hausfrau zu sein, seien zuerst misslungen, gibt sie zu. Doch mit Anleitung ihrer Mutter habe sie in Küche und Haus viel gelernt. Bei dem Haus handelt es sich um eine luxuriöse Villa in einem Vorort von Tripolis. Aischa trägt jetzt ein Kopftuch.

Aus den 92 Seiten einer Biographie mit dem Titel "Prinzessin des Friedens", die ein Tunesier über sie verfasste, ist zu erfahren, dass Aischa in ihrer Jugend lernte, mit Pistole, Kalaschnikow und Handgranaten umzugehen. Unter den Geschwistern hat Aischa den Ruf, Differenzen zwischen den sehr verschiedenartigen Brüdern auszubügeln.

Als Präsidentin von Libyens größter Wohlfahrtsorganisation Waatassimu setzte sie sich für Muntasser al-Saidi ein, jenen Iraker, der 2008 den US-Präsidenten George W. Bush in Bagdad mit Schuhen bewarf. Die Vereinten Nationen ernannten Aischa in Anerkennung ihrer Verdienste bei der Bekämpfung von Aids und bei der Besserstellung von Frauen zur "Botschafterin des Guten Willens". Kaum war jetzt der erste Schuss gefallen, erkannten ihr die UN den Titel wieder ab.

Ihr Bruder Saif-al-Islam hat zu Beginn des Krieges geschworen: "Wir werden bis zum letzten Mann, bis zur letzen Frau, bis zur letzten Kugel kämpfen." Selbst wenn es dazu käme, würde Aischa immer noch versuchen, gut auszusehen.

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