Libyen:Mann mit sieben Leben

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Terrorisiert Nordafrika: Mokhtar Belmokhtar.

(Foto: AFP)

Der Islamistenführer Belmokhtar soll tot sein - doch er überstand schon viele Angriffe.

Von Sacha Batthyany, Washington

Es ist nicht das erste Mal, dass sein Tod verkündet wird. Mokhtar Belmokhtar, 43, einer der gesuchtesten Terroristen Nordafrikas, bekannt unter den Namen "der Einäugige", "der Prinz", "der Unergreifbare" oder "Mister Marlboro" gilt als Mann mit den sieben Leben. Für seine Ergreifung waren fünf Millionen Dollar Belohnung ausgesetzt worden. Es war dieses Mal keine Drohne, sondern es waren zwei bemannte Kampfjets, die am Sonntag um zwei Uhr früh Ortszeit bei einem Luftangriff im Osten des Landes Belmokhtar und fünf weitere Personen getötet haben sollen. So verkündete es die international anerkannte libysche Regierung in Tobruk. Das Pentagon hat den Angriff bestätigt, nicht aber den Tod des Islamistenführers, der seinen Sohn nach Osama Bin Laden nannte. "Der Militäreinsatz wird noch ausgewertet", sagte Steve Warren, Sprecher des US-Verteidigungsministeriums. Medienberichten zufolge erreichte Stunden nach dem Luftangriff ein Konvoi mit Verwundeten das Krankenhaus der Stadt Ajdabiya. Belmokhtar soll nicht unter den Toten sein, sagte ein nicht namentlich erwähnter Zeuge.

Mokhtar Belmokhtar wurde 1972 im algerischen Ghardaia geboren. Radikalisiert haben soll ihn der Tod von Abdullah Azzam in Pakistan 1989, "Vater des Dschihad" und Mentor Osama Bin Ladens. Mit 19 schloss er sich den Mudschaheddin in Afghanistan an und verlor bei Kämpfen am Hindukusch ein Auge. 1993 kehrte Belmokhtar gut ausgebildet in den algerischen Bürgerkrieg zurück. Er kämpfte erst in der Salafistischen Gruppe für Predigt und Kampf (GSPC), aus der die Al-Qaida des islamischen Maghreb (Aqmi) hervorging, und formte später eine eigene Organisation namens "Die mit dem Blut unterzeichnen", die zwischen Südalgerien, Mali, Tschad und Mauretanien operierte.

Belmokhtar war für die Geiselnahme auf dem algerischen Gasfeld Ain Amenas 2013 verantwortlich, bei der mindestens 38 Menschen starben, darunter drei Amerikaner. Die mediale Aufmerksamkeit, die er damals erhielt, soll ihm gefallen haben. Für al-Qaida war er "ein mühsamer Mitarbeiter", schreibt die Journalistin Rukmini Callimachi, früher Büroleiterin der Agentur AP in Westafrika: unkontrollierbar und getrieben von seinem "angeschlagenen Ego". Belmokhtar finanzierte sich und seine Truppe hauptsächlich mit Lösegeld. Er war auf Entführungen spezialisiert, knöpfte Afrikanern, die ans Mittelmeer wollten, ihr letztes Geld ab, schmuggelte Kokain, Waffen, Zigaretten. Robert R. Fowler, ein kanadischer Diplomat, den 2008 Belmokhtar entführte, beschreibt ihn in der New York Times als "schlank, sehr ernst und souverän".

Der Luftangriff war der erste amerikanische Militäreinsatz in Libyen seit Muammar al-Gadafis Sturz. Er fällt in eine Zeit, in der die Miliz Islamischer Staat (IS) ihre Präsenz in dem Land ausweitet, das seit vier Jahren in Anarchie und Bürgerkrieg versinkt. Die US-Webseite Daily Beast meldet, Belmokhtar habe sich mit einer "20-köpfigen Gruppe" hoher al-Qaida-Kämpfer und IS-Mitgliedern getroffen, als die Bomben fielen.

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