Libyen-Krieg:Nato bombardiert Gaddafis Zentrale

"Das war ein Tötungsversuch": Libyens Führung prangert die neuen Nato-Angriffe auf Tripolis an. Sie waren mit die schwersten seit Kriegsbeginn, ein wichtiges Gebäude in Gaddafis Militärkomplex wurde zerstört, der Machthaber blieb unverletzt. Aufregung auch in Italien - ein verstörter Mann versuchte, ein Flugzeug nach Libyen zu entführen.

Das Zentrum der libyschen Hauptstadt Tripolis ist in der Nacht zum Montag erneut von schweren Explosionen erschüttert worden. Die Nato traf mit ihren Luftangriffen auch den Militärkomplex von Machthaber Muammar al-Gaddafi in dessen weitläufiger Residenz.

NATO attacks Gaddafi compound

Beschädigtes Zimmer in der Gaddafi-Residenz (in Tripolis): Die Angriffe auf die Hauptstadt werden stärker

(Foto: dpa)

Gaddafi wurde aber offenbar nicht verletzt. Ein Regierungssprecher sagte am Abend, Gaddafi befinde sich an einem sicheren Ort. Allerdings seien bei dem Angriff drei Menschen getötet und 45 verletzt worden. Ob Gaddafi sich während des Angriffs in dem Gebäude befunden hatte, blieb unklar.

Ein Gebäude in der Anlage wurde durch den Beschuss komplett zerstört, andere beschädigt. Der Beschuss sei ein "Tötungsversuch" gegen Gaddafi gewesen, sagte der Sprecher. Von dem zerstörten Gebäude, das Gaddafi nach Angaben von Wachleuten als Bibliothek und Büro nutzte, war nach dem Angriff nur noch ein Haufen aus verbogenem Metall und zerbrochenen Betonplatten übrig. Dutzende Anhänger des Staatschefs kletterten auf die Ruinen, hissten die grüne Nationalflagge Libyens und riefen Gaddafi ihre Unterstützung zu.

Nach Einschätzung des Korrespondenten der Nachrichtenagentur AFP waren es die heftigsten Detonationen in Tripolis seit Beginn des internationalen Kampfeinsatzes in Libyen. Die Explosionen waren über die Innenstadt hinaus in angrenzenden Stadtvierteln zu spüren. Die staatlichen libyschen Fernsehprogramme fielen teilweise minutenlang aus. Die Nato fliegt seit Freitag verstärkt Luftangriffe auf die libysche Hauptstadt.

Aufregung gab es am Sonntagabend, als ein Mann auf einem Alitalia-Flug von Paris nach Rom einen Versuch startete, die Maschine nach Libyen zu entführen. Dies wurde vereitelt, Flugbegleiter und Passagiere überwältigten den Mann - die Beweggründe des verstört wirkenden Mannes sind noch unbekannt.

Der 48-jährige Kasache, der zur Delegation seines Landes bei der Unesco in Paris gehören soll, hatte eine Stewardess mit einer Nagelfeile angegriffen. Der italienischen Nachrichtenagentur Ansa zufolge verlangte der Mann nach dem Start von Flug AZ329 um 20.24 Uhr, umgehend Tripolis anzufliegen. Nachdem der Mann überwältigt war, verabreichte ihm ein Arzt, der zufällig an Bord war, ein Beruhigungsmittel. Die Polizei berichtete, der Kasache sei bisher nicht auffällig geworden. Eine Verbindung des Mannes zum internationalen Terrorismus wurde jedoch ausgeschlossen.

Der Flug landete planmäßig gegen 22 Uhr in Rom, der Mann wurde der Flughafenpolizei übergeben. Die angegriffene Stewardess wurde zur Untersuchung ins Krankenhaus gebracht, ihr geht es soweit gut.

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