Libyen: 40 Jahre Gaddafi an der Macht:Der letzte Beduine

Seit 40 Jahren ist Muammar el Gaddafi an der Macht. Wenn der libysche Staatschef auf Reisen geht, dürfen zwei Dinge nicht fehlen: sein Beduinenzelt und ein Treffen mit hübschen Frauen.

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Gaddafi, Italien, Rom, Berlusconi, Reuters

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Seit vierzig Jahren regiert Muammar el Gaddafi Libyen. Als 27-jähriger Hauptmann stürzte er König Idris und hat das nordafrikanische Land seither fest im Griff - obwohl er offiziell nie Präsident oder der Chef einer Staatspartei war.

Gaddafi wird als sprunghaft beschrieben, aber auch als fanatisch, charismatisch und charmant. Und als extravagant. Vor allem, wenn er auf Reisen geht. Immer mit im Gepäck: ein Beduinenzelt. Schon weit vor seinem Eintreffen beschäftigt die Medien die Frage: Wo wird er sein Zelt diesmal aufschlagen? Wie bei seinem ersten Staatsbesuch in Italien im Juni 2009, wo er von Silvio Berlusconi empfangen wurde.

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Doch kaum am Flughafen angekommen, provozierte der Wüstenherrscher mit einem Schwarzweißfoto. Bei seiner Ankunft in Rom trug Gaddafi an seiner Paradeuniform ein Bild von der Festnahme des libyschen Widerstandskämpfers Omar al-Mukhtar im Jahr 1931. Der auch "Wüstenlöwe" genannte Mukhtar war Anfang der dreißiger Jahre Anführer der Widerstandsbewegung gegen die italienische Kolonialherrschaft.

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Die Visite in Rom soll nach der Unterzeichnung eines weitreichenden Abkommens im vergangenen August den Neubeginn der Beziehungen zwischen dem ölreichen Maghreb-Staat und der ehemaligen Kolonialmacht festigen.

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Doch nicht bei allen Italienern ist der Gast gerne gesehen. So pfiffen Studenten der römischen Sapienza-Universität, wo Gaddafi zu einer Debatte geladen war, den Libyer aus. Zuvor war es bereits zu Zusammenstößen zwischen den auf Gaddafi wartenden Studenten und der Polizei gekommen.

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Einige hundert Menschen demonstrierten in Rom gegen den Besuch. Auf Transparenten hieß es: "Wir brauchen keinen weiteren Diktator in Italien" und "Menschenrechte stehen nicht zum Verkauf". Italien bezieht etwa ein Drittel seines Öls und Gases aus Libyen.

Menschenrechtsgruppen kritisierten die Vereinbarung zur Abschiebung von Flüchtlingen, die illegal von Libyen aus nach Italien zu gelangen versuchen.

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Die Opposition im Parlament verhinderte die geplante Rede im Senat in Rom, so dass Gaddafi seine Ansprache vor Abgeordneten in einem Palazzo in der Nachbarschaft halten musste. Dabei verurteilte er den Terrorismus, sagte aber auch, dass es Gründe dafür gebe, die man verstehen müsse. Sarkastisch fragte er, welchen Unterschied es gebe zwischen dem Luftangriff der USA auf die libyschen Städte Tripolis und Bengasi im Jahr 1986 und den Terroranschlägen von Osama bin Laden.

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Ungeachtet der Proteste gegen ihn ließ sich Gaddafi in seiner weißen Limousine durch die Stadt fahren, winkte den Römern zu. Wie auch bei seinen früheren Reisen hat Gaddafi als Unterkunft sein Beduinenzelt dabei. Diesmal hat er es ...

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... in der größten römischen Parkanlage, dem Park der Villa Doria Pamphili, aufgeschlagen.

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Er selbst übernachtete allerdings in diesem Prachtbau aus dem 17. Jahrhundert.

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Bei seinem Staatsbesuch in Frankreich 2007 hatte Gaddafi einen ganz besonderen Wunsch: Er wollte seine Schlafstätte im Garten des Stadtpalais Marigny aufstellen. Er kam in Begleitung eines 400-köpfigen Gefolges und einem Wagenpark von 100 Limousinen.

Dem Wüstenherrscher schien das winterliche Paris gut gefallen zu haben - spontan verlängerte er seinen Aufenthalt. Die panarabische Zeitung Al-Hayat spottete über den Wüstenherrscher, weil er "wie ein Sexsternchen" mit einem weißen Mercedes über die Champs-Élysée gekurvt sei.

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Auch bei seinem Spanien-Besuch verzichtete er nicht auf die traditionelle Unterkunft. Dass er diese bei seiner Abreise auch wieder mitnimmt, ist nicht garantiert.

Nach seinem Besuch im Dezember 2008 hat der libysche Revolutionsführer sein Zelt kurzerhand dem spanischen König Juan Carlos vermacht - zusammen mit Teppichen, einem Tisch mit Sofa und Sesseln sowie einem Schreibtisch.

Foto: Reuters (Gaddafi im Jahr 2003 mit Spaniens Premier José Maria Aznar)

Gaddafi, Reuters

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Gaddafis letzter Europabesuch führte ihn im Winter 2008 nach Russland, Weißrussland und in die Ukraine.

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Gaddafi, Getty

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Selbst die frostigen Wintertemperaturen hielten ihn nicht davon ab, in seinem Zelt zu übernachten. Dies schlug er innerhalb der Kremlfestung auf, und zwar die zum Fluss Moskwa hin gewandte Seite. Dort gibt es einen sogenannten Geheimen Garten, wo er unter anderem die Sängerin Mireille Mathieu traf.

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Gaddafi, Reuters

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Doch das Zelt ist nicht die einzige Skurrilität, mit der Gaddafi auf seinen Reisen für Schlagzeilen sorgt. Auf internationalen Kongressen tritt er schon mal in bunten Phantasietrachten auf.

Foto: Reuters (Gaddafi 2001 in Amman)

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Oder er bringt ein Kamel mit, um morgens frische Stutenmilch trinken zu können.

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Gaddafi, Mara Carfagna, dpa

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Für seinen ersten Besuch in der ehemaligen Kolonialmacht Italien will er in Rom 700 Italienerinnen aus Politik, Wirtschaft und Kultur treffen - unter anderem auch Ministerin Mara Carfagna (im Bild). Diesen Wunsch äußert der Exzentriker nicht zum ersten Mal.

Bereits vor zwei Jahren bei seinem Staatsbesuch in Paris 2007 hat Gaddafi 1000 ausgewählte Französinnen empfangen - mit einer klaren Botschaft im Gepäck. Er wolle "die europäischen Frauen retten", ließ er seinen weiblichen Gästen mitteilen.

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Gaddafi, Getty

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Gaddafi gründete in den 1960er Jahren den "Bund Freier Offiziere", mit deren Hilfe er sich am 1. September 1969 in Libyen an die Macht putschte, indem er König Idris stürzte. Im Westen stand er zunächst im Ruf der Unbestechlichkeit.

Foto: Getty Images (1976)

Gaddafi, Getty

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Nachdem seine Versuche scheiterten, zunächst mit Ägypten und Syrien und dann mit Tunesien eine Staatsunion einzugeheh, trieb er in den achtziger Jahren sein Land in die außenpolitische Isolation. Sowohl bei dem Anschlag auf die Berliner Diskothek "La Belle" 1986 als auch beim Anschlag von Lockerbie führten Spuren nach Libyen.

Foto: Getty Images (1984)

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Erst 1999 sollte sich das Verhältnis zum Westen wieder etwas entspannen. Damals gestand Gaddafi erstmals die Schuld an dem Lockerbie-Unglück ein. Dem folgten 2003 die Auslieferung zweier Geheimdienstmitarbeiter 2003 und Millionenzahlungen an die Familien der Opfer. Zudem erklärte sich Libyen dazu bereit, grenzenlose Kontrollen der Atomanlagen zuzulassen, wodurch sich die Beziehungen zu den USA verbesserten.

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Proteste Getty

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Doch schon im August 2009 kühlte sich das Verhältnis zu den USA wieder ab. Die schottische Regierung verkündete trotz vieler Proteste die frühzeitige Freilassung des Lockerbie-Attentäters Abdelbasset Ali al-Megrahi.

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Hillary Clinton, AP

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US-Außenministerin Hillary Clinton reagierte "sehr energisch" und sagte dem schottischen Justizminister am Telefon ihre Meinung: Der Attentäter müsse seine gesamte Strafe in Schottland absitzen. Das sei man den Angehörigen der Opfer schuldig. Kritiker behaupten, Großbritannien verfolge eigene wirtschaftliche Interessen in Libyen und sei Gaddafi nur deshalb entgegengekommen.

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Megrahi afp

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Und tatsächlich: Kurze Zeit später kam der todkranke Attentäter frei und durfte zurück nach Libyen fliegen. Dort empfingen ihn zahlreiche Verwandte. Gaddafi besuchte Megrahi später noch an seinem Wohnsitz.

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Saif al-Islam, Reuters

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Am 1. September 2009 sind es vierzig Jahre, dass Gaddafi sich an die Macht putschte. Wie lange er die Geschicke Libyens noch lenken wird, ist ungewiss. Kaum ein anderer Staatschef der Welt regiert so lange wie er - auch der Kubaner Fidel Castro hat sich mittlerweile zurückgezogen. Potentielle Nachfolger für Gaddafi stehen schon bereit. Der aus westlicher Sicht bevorzugte Kandidat ist Gaddafis Sohn Saif al Islam. Dieser gab jedoch 2008 bekannt, sich nicht weiter in Staatsangelegenheiten einmischen zu wollen.

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Gaddafi, Reuters

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Zuvor geriet Saif schon öfters mit seinem Vater aneinander, da er sich für eine weitere Öffnung Libyens einsetzte. Es bleibt also weiter offen, mit welchen Aktionen Muammar el Gaddafi die Weltpolitik als Nächstes überrascht - und wer ihm nachfolgen wird.

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(sueddeutsche.de/bica/jhh/mati)

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