Libyen:Eine Frage der Macht

Ägypten muss sich jetzt im Nachbarland bewähren.

Von Paul-Anton Krüger

Libyen ist der erste Test für Ägyptens Versuch, seine Rolle als Führungsmacht in der Region zurückzuerlangen. Ägypten hat im Nachbarland unbestrittene Sicherheitsinteressen, die gemeinsame Grenze verläuft Hunderte Kilometer lang durch unwegsame Wüstengebiete - ein ideales Terrain für Schmuggler, aber auch für Dschihadisten der Terrormiliz Islamischer Staat. Und Kairo verfügt über gute Verbindungen, vor allem zu Khalifa Haftar, der sich Kommandeur der libyschen Armee nennt.

Die Europäer haben Ägypten die Initiative auch deswegen überlassen - und weil sie einsehen mussten, dass die von ihnen unterstützte und hoffnungsvoll gestartete Einheitsregierung unter Fajez al-Serraj nicht wirklich einen Fuß auf den Boden bekommt, nicht einmal im Westen des Landes und schon gar nicht landesweit.

Zwar spielen in Libyen ideologische Gegensätze eine Rolle; im Westen dominieren islamistische Milizen, von denen manche der Muslimbruderschaft nahestehen, die Kairo als Terrorgruppe verfolgt. Das eigentliche Problem aber ist die Verteilung der Macht. Ägyptens Vermittlung hat immerhin einen Fahrplan erbracht, der binnen eines Jahres zu Wahlen führen soll. Der Erfolg des Plans aber wird davon abhängen, ob die vom Militär dominierte Regierung in Kairo bereit ist, ihren Verbündeten Haftar in die Schranken zu weisen. Sie hat die Mittel dazu - und würde sich so als Führungsmacht beweisen.

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