Libyen:Ein General meldet sich fit

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Mittendrin im Machtkampf: Khalifa Haftar. (Foto: AFP)

Der mächtige Kommandeur Haftar ist nach gesundheitlichen Problemen zurück im Osten Libyens. Und kämpft weiter.

Von Paul-Anton Krüger, Kairo

Das libysche Fernsehen übertrug live vom Flughafen Bengasi, der rote Teppich war ausgerollt, die Ehrengarde angetreten. Die Tür des weiß-blauen Businessjets klappte herunter. Heraus trat Khalifa Haftar im dunklen Anzug mit Krawatte. Der starke Mann im Osten Libyens, der sich selbst zum Generalfeldmarschall befördert hat, hob die Hand zum militärischen Gruß an die Schläfe, um dann aus eigener Kraft ohne Wanken die Treppe auf das Flugfeld hinunterzusteigen. Der 75-Jährige beendete damit zumindest vorerst wochenlange Spekulationen über seine Gesundheit und eine mögliche weitere Krise im ohnehin instabilen Libyen.

Haftar war Anfang April in ein Militärkrankenhaus in Paris gebracht worden. Französische Medien bestätigten Gerüchte, die Tage zuvor schon in Libyen kursierten. Laut Le Monde wurde Haftar von Libyen über Jordanien ausgeflogen. Er soll eine Hirnblutung oder einen Schlaganfall erlitten haben, hieß es. Sein Sprecher verbreitete dagegen, Haftar habe sich während eines geplanten Besuchs mehrerer Länder zu Routine-Untersuchungen in die Klinik begeben. In Libyen wurde derweil schon über seinen Tod spekuliert.

Erst eine Meldung auf dem Twitter-Kanal des UN-Sondergesandten für Libyen, Ghassan Salamé, er habe sich mit Haftar telefonisch über die Lage in Libyen ausgetauscht, machte dem ein Ende. Ganz klar ist bis heute nicht, was geschehen ist; Haftar sagte bei einer Fernsehansprache nach dem Heldenempfang lediglich: "Ich will Ihnen versichern, dass ich mich bester Gesundheit erfreue." Aus einem weißen Ohrensessel fügte er hinzu: "Ich sollte im Stehen sprechen." Aber er müsse sich von der Operation erholen. Auf Gerüchte über seinen Zustand werde er nicht eingehen.

Haftar ist der wichtigste Gegenspieler von Premier Fayez Serraj, der die international anerkannte Einheitsregierung in Tripolis führt. Der Militärkommandeur, der unter dem gestürzten Diktator Muammar al-Gaddafi Karriere gemacht hatte, später aber mit ihm brach, nennt sich Oberkommandierender der Libyschen Nationalarmee, auch wenn dies de facto nur ein Milizenbündnis ist. Mit seinen Truppen hat er den Osten samt Bengasi unter seine Kontrolle gebracht und seinen Einfluss weiter ausgebaut, etwa indem er die wichtigsten Ölfelder und Verladeterminals eroberte.

Eine schwere Explosion 20 Kilometer von Bengasi vor zehn Tagen verstärkte Spekulationen, dass schon der Kampf um seine Nachfolge entbrannt sei. Eine Autobombe traf den Konvoi des Stabschefs von Haftars Nationalarmee, General Abdel Razeq al-Naduri. Ein Mensch wurde getötet, der General aber blieb unverletzt.

Haftar erwägt, bei den für Ende des Jahres geplanten Wahlen anzutreten, mit denen die UN hoffen, die seit 2014 gespaltenen staatlichen Institutionen wieder zusammenzuführen. Das ist nach Ansicht der internationalen Gemeinschaft der einzige Weg, um wieder eine zentrale Machtinstanz zu etablieren und der Herrschaft lokaler Milizen entgegenzutreten. Die EU hat ein großes Interesse daran, weil dies Möglichkeiten für mehr Kooperation bei der Migration eröffnen würde. Mehrere Milizen sind maßgeblich in den Menschenhandel verwickelt, der zu den lukrativsten Einnahmequellen gehört.

Allerdings ist nicht klar, ob sich die konkurrierenden Kräfte in Libyen auf die nötige Änderung des UN-Friedensabkommens einigen können. Ein Grund dafür ist auch, dass Regionalmächte in Libyen indirekt ihre Machtkämpfe austragen: Haftar wird von Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten unterstützt, zunehmend auch von Russland und auch von einigen europäischen Staaten. Seine Gegner, vor allem die mächtigen Milizen aus der Hafenstadt Misrata, sind mit der Türkei und Katar verbündet.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte zum Ärger der in Libyen sehr aktiven italienischen Regierung im Juli 2017 ein Treffen zwischen Haftar und Serraj in Paris organisiert, doch der erhoffte politische Fortschritt blieb aus. Stattdessen verschärften sich Kämpfe zwischen Milizen im Süden des Landes. Unklar ist, wie geschwächt Haftar nun ist. Manche schmähen ihn schon als Libyens kranken Mann; europäische Diplomaten sagen bereits seit Längerem, Haftar sei allein aufgrund seines Alters "nicht die Zukunft für Libyen". Zumindest aber ist er zurück im Land, und er macht nicht den Eindruck, dass er von seinen Ambitionen Abstand nimmt, ganz Libyen unter seine Kontrolle zu bringen - ob nun durch Wahlen oder militärisch.

© SZ vom 28.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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