Liberale Steuerpläne:FDP will nur noch kleinere Einkommen entlasten

Die Finanzkrise wirkt sich auf die Steuerpläne der FDP aus: Plötzlich begnügen sich die Liberalen mit einer Steuerentlastung von vier Milliarden Euro. Die CSU zeigt sich gesprächsbereit. Doch führende Politiker der CDU würden am liebsten ganz auf eine Steuerreform verzichten.

Susanne Höll und Frank Müller

Angesichts sinkender Wachstumsprognosen ist die FDP zu deutlichen Abstrichen bei der von ihr geforderten Steuerreform bereit. In FDP-Kreisen hieß es, die Mittel seien knapp, man werde sich bestenfalls mit einem Entlastungsbetrag von maximal vier Milliarden Euro begnügen müssen. "Wir können froh sein, wenn wir diese Summe zusammenbekommen", verlautete aus den Kreisen. Bislang war eine Summe von bis zu sechs Milliarden Euro im Gespräch.

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Die europäische Finanz- und Währungskrise lasse derzeit nur wenig Spielraum für Steuersenkungen, sagt FDP-Generalsekretär Christian Lindner.

(Foto: dapd)

Vor dem Spitzentreffen der schwarz-gelben Koalition am Freitag signalisieren FDP-Politiker auch öffentlich, dass die Entlastung geringer ausfallen werde als geplant. Als Grund nannten Generalsekretär Christian Lindner und der FDP-Finanzexperte Volker Wissing die europäische Währungs- und Finanzkrise, die derzeit nur wenig Spielraum für Steuersenkungen ließen. "Die Krise wird immer bedrohlicher, sie hat inzwischen systemgefährdende Tendenzen", sagte Wissing der Süddeutschen Zeitung. Die Sanierung des Haushalts müsse Vorrang vor Reformen haben. Der FDP gehe es bei der Reform weniger um das Volumen, als um Gerechtigkeit für jene Beschäftigten, die unter der sogenannten kalten Progression litten und bei Lohnerhöhungen fürchten müssten, dass ihr reales Einkommen sinke, sagte Wissing.

Lindner sagte dem Berliner Tagesspiegel, die Prioritäten der Koalition hätten sich mit der Finanzkrise verschoben. Er warnte vor zu hohen Erwartungen an die Reform, die auch ein Thema bei dem Koalitionsgipfel der Parteichefs Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Philipp Rösler (FDP) am Freitag sein könnte. Eine Tagesordnung für das Treffen gibt es nicht. Sicher ist aber, dass die Zukunft des Euro und die Sanierungspläne für gefährdete Banken die dominierenden Themen sein werden - zumal am darauffolgenden Sonntag ein EU-Gipfel stattfindet. In Koalitionskreisen hieß es aber, man wolle, wenn möglich, auch strittige innenpolitische Fragen beraten. Dazu gehören die Steuerreform und das von der CSU verlangte Betreuungsgeld für Eltern, die ihre Kinder daheim umsorgen und nicht in eine Krippe schicken.

Manche CDU-Politiker wollen Steuerreform vollständig absagen

Die FDP hatte ihre Vorstellungen für eine Steuerreform wegen harten Widerstands aus der CDU bereits abgespeckt. Ursprünglich war einmal von einem Umfang von bis zu zehn Milliarden Euro die Rede. Namhaften CDU-Politikern gehen die aktuellen Forderungen allerdings immer noch zu weit. Manche würden die in der Koalition vereinbarte Reform am liebsten vollständig absagen, ebenso das Betreuungsgeld. Außerdem haben die SPD-geführten Bundesländer angekündigt, im Bundesrat jedwede Steuersenkung zu blockieren. In der FDP gibt es deshalb Überlegungen, den Solidaritätszuschlag zumindest für Klein- und Normalverdiener zu reduzieren, um auf diese Weise lediglich deren Steuerlast zu mildern. Es sei denkbar, den Freibetrag zu erhöhen und so nur die zu entlasten, die geringe Einkommen hätten, verlautete aus FDP-Kreisen.

Der Solidaritätszuschlag, der 1991 eingeführt und damals mit den Kosten der Einheit begründet wurde, kommt allein dem Bund zu Gute. Der Zuschlag belief sich zwischenzeitlich auf 7,5 Prozent der festgesetzten Einkommensteuer; seit 1998 beträgt er 5,5 Prozent. Befreit sind Ledige, die bis zu 972 Euro Einkommensteuer zahlen, und Verheiratete, deren Steuerschuld 1944 Euro nicht übersteigt. Würden die Freibeträge erhöht, könne sichergestellt werden, dass Spitzenverdiener nicht von einer Senkung beim Solidaritätszuschlag profitieren, hieß es aus den FDP-Kreisen weiter.

Die Liberalen hatten im Sommer mit Blick auf den Widerstand der SPD erwogen, die Steuerreform allein über den Solidaritätszuschlag zu organisieren und auf diese Weise den Bundesrat zu umgehen. Bei einer Reduzierung oder gar einer Abschaffung würden aber Gutverdiener bessergestellt als Bezieher durchschnittlicher Einkommen. Das will die FDP verhindern. Die kalte Progression will sie weiterhin mildern. Dem müsste die Länderkammer zustimmen.

CSU offen für Änderung beim Solidaritätszuschlag

Die CSU zeigte sich offen für eine Änderung beim Solidaritätszuschlag. Zwar dürfte der Vorstand diese Idee erst an diesem Montag diskutieren. In Parteikreisen hieß es, die Überlegung, eine Steuersenkung ohne Beteiligung des Bundesrats zuwege zu bringen, sei aussichtsreich. Der CSU-Finanzpolitiker und Ex-Parteichef Erwin Huber plädierte dennoch für eine umfangreichere Reform mitsamt einer Entscheidung im Bundesrat. Ähnlich umstritten wie die Steuersenkung ist der Wunsch der CSU nach einer Kompensation für Eltern, die keine Kinderkrippen in Anspruch nehmen, mit Hilfe des Betreuungsgeldes. Teile der CDU und die FDP lehnen diese Forderung bislang vehement ab. Die Opposition ist ebenfalls dagegen.

Inmitten dieser Kontroverse hatte Familienministerin Kristina Schröder (CDU) zuletzt einen Kompromissvorschlag gemacht. Statt der ursprünglich geplanten zwei Jahre will sie das Betreuungsgeld nur ein Jahr lang auszahlen. Die Ministerin hatte das mit der knappen Haushaltslage begründet. Nach ihren Vorstellungen sollen Familien, die ein Kind im Alter von zwei Jahren zu Hause betreuen, von 2013 an monatlich 150 Euro erhalten. Das Geld soll nach Schröders Vorstellungen nicht nur an Eltern gehen, die sich ausschließlich der Erziehung der Kinder widmen, sondern auch an Teilzeitbeschäftigte. In der CSU stieß diese Idee Schröders aber sofort auf Widerspruch.

In der Koalition gibt es zudem einen Konflikt über die geplante Pflegereform. Ob dieser Streit bei dem Treffen am Freitag beigelegt werden kann, ist völlig ungewiss. Es sei noch nicht einmal sicher, ob man diesen Punkt angesichts der Themenfülle ansprechen werde, hieß es in Koalitionskreisen.

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