Libanon:Erpressung in Beirut

Die Hisbollah lässt Libanons Regierung platzen, weil die UN sie des Mordes an Rafik al-Hariri bezichtigen könnte. Dessen Sohn, Ministerpräsident Saad, steckt in der Sackgasse. Und Sackgassen sind im Libanon gefährlich.

Tomas Avenarius

Im Streit um das Sondertribunal der Vereinten Nationen, das den Mord am früheren libanesischen Regierungschef Rafik al-Hariri aufklären soll, hat die Hisbollah den Sturz der Beiruter Regierung herbeigeführt.

Libanon: Gegenspieler in Beirut: Nach dem Ausstieg der Hisbollah von Hassan Nasrallah (links) ist die Regierung von Saad al-Hariri (rechts) am Ende.

Gegenspieler in Beirut: Nach dem Ausstieg der Hisbollah von Hassan Nasrallah (links) ist die Regierung von Saad al-Hariri (rechts) am Ende.

(Foto: AFP)

Die Schiiten-Miliz war der wichtigste Koalitionspartner. Sie hat ihre zehn Minister abberufen und im Kabinett einen weiteren ihr nahestehenden Minister zum Rücktritt bewegt. Damit ist die Regierung arbeitsunfähig. Als Alternative zur Staatskrise lässt die Hisbollah dem Regierungschef Saad al-Hariri nur einen Ausweg: Er soll die Zusammenarbeit mit dem UN-Tribunal in Den Haag einstellen.

Die Hisbollah provoziert die Staatskrise aus blanker Angst. Sie fürchtet, dass das Tribunal einige ihrer Mitglieder anklagen wird, in den tödlichen Bombenanschlag auf Rafik al-Hariri im Jahr 2005 verwickelt gewesen zu sein. Die Schiiten-Miliz, die sich stets als Bannerträger des bewaffneten Widerstands gegen den libanesischen Erzfeind Israel darstellt, wäre dadurch bloßgestellt als eine Mörderbande, die libanesisches Blut vergossen hat.

Ihrem Ansehen, das bei Libanesen aller Religionsgruppen hoch ist, wäre dies mehr als nur abträglich. Die Hisbollah wäre selbst bei einem Teil ihrer eigenen Wählerschaft politisch desavouiert.

Regierungschef Saad al-Hariri kann der Erpressung durch die Hisbollah nicht nachgeben. Er ist der Sohn des ermordeten Rafik al-Hariri. Und er steht wegen des UN-Tribunals bei der internationalen Gemeinschaft im Wort. So befindet sich das frühere Bürgerkriegsland politisch wieder einmal in einer Sackgasse. Und das ist höchst gefährlich; die Erfahrung zeigt, dass die Verantwortlichen im Libanon in dieser Lage schnell auf Gewalt setzen.

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