Leserfragen an Felicitas Hoppe:"Wieso verschwinden Vorurteile nach einer Fahrt im Porsche?"

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Schriftstellerin Felicitas Hoppe ist auf den Spuren zweier sowjetischer Autoren durch die USA gereist. Unsere Leser haben ihr Fragen gestellt. Hier sind ihre Antworten.

Wie kann man sich auf Reisen freimachen von dem, was man schon vorher über ein Land zu wissen glaubt? Welche Themen bewegen die USA ein Jahr vor der Präsidentschaftswahl? Wieso reist eine Schriftstellerin einem Reisebericht hinterher, den die sowjetischen Autoren Ilf und Petrow vor fast 80 Jahren geschrieben haben?

Diese Fragen haben wir der preisgekrönten Schriftstellerin Felicitas Hoppe in unserem Interview gestellt. Sie erklärt, wie sie Amerika während ihrer Reise erlebt hat und warum Hollywood noch immer Bilder schafft, die vom American Dream erzählen ( das gesamte Interview hier).

Im Anschluss an das Gespräch haben wir unsere Leser dazu aufgerufen, nachzuhaken und Hoppe selbst ihre Fragen zu stellen. Ihre Antworten auf ausgewählte Leserfragen lesen Sie hier:

Leserfrage: Da ich selbst zwei Jahre lang in den USA gelebt habe, weiß ich, welche krassen Gegensätze die Gesellschaft dort prägen. Wieso denken Sie, dass dieses Unbehagen und die Vorurteile gegenüber Amerika nach einer Fahrt im Porsche plötzlich verschwinden?

Felicitas Hoppe: Auf Dauer verschwindet gar nichts: Je länger wir hinschauen, umso undeutlicher werden die Dinge. Der rote Porsche ist kein Heilmittel zur Versöhnung gesellschaftlicher Widersprüche, sondern ein Bild für deren Überspitzung, das nur die Bestechlichkeit und Widersprüchlichkeit des reisenden Gastes veranschaulicht.

Wir sind doch alle verführbar durch die kurzfristige Verheißung von Luxus in einer magischen Landschaft und verdrängen gern, wo wir uns wirklich befinden. Auch das ist Teil des amerikanischen Traums. Und hat viel mit Nostalgie und Sehnsucht zu tun; was das Erlebnis nicht weniger schön macht.

Leserfrage: Sie sagen, dass die USA als Sehnsuchtsland für tausende Reisende noch funktionieren. Mein Eindruck ist, dass sich das in den vergangenen Jahren verschoben hat: Rucksackreisen durch Südamerika, Südostasien oder Australien haben augenscheinlich die USA-Reise als großen Freiheitstraum abgelöst. Sehen Sie das auch so, oder würden Sie widersprechen? Heißt das nicht auch, dass sich das Bild der USA gewandelt hat?

Kein Widerspruch. Aber das eine schließt das andere nicht aus. Eher sehe ich in der von Ihnen beschriebenen Verschiebung und Ablösung eine Fortsetzung des amerikanischen Traums, eine Expansion des Tourismus in andere Räume, während der kindliche Traum von Freiheit und Abenteuer doch immer derselbe bleibt.

Selbstverständlich hat sich das Bild von den USA gewandelt; das hat sicher auch mit einem Überdruss und mit Misstrauen gegenüber imperialer Rhetorik zu tun. Und mit der Veränderung der politischen Verhältnisse, vor allem nach dem 11. September. Es macht heute einfach deutlich weniger Spaß als früher, in die USA einzureisen.

Leserfrage: Woran glauben Sie zu erkennen, dass Ilf und Petrow in ihrem Buch Auftragsarbeit für den sowjetischen Staat geleistet haben?

Das steckt im Text selbst, der, vor allem zum Ende hin, immer wieder den Systemvergleich sucht. Man darf die Hand nicht beißen, die einen füttert. Die Autoren müssen einen gewissen Tribut an ihre Auftraggeber leisten, was manchmal etwas gebetsmühlenartig und schülerhaft ausfällt, die Freude der Schreibenden an der Reise und der Lesenden an der Lektüre aber keinesfalls mindert.

Vieles steckt natürlich zwischen den Zeilen und ist entsprechend ironisch grundiert. Die Eleganz und Souveränität, mit der das Duo seine Aufgaben löst, sind bewunderungswürdig.

Leserfrage: Welche Schriftsteller inspirieren Sie auf Reisen und was lesen Sie unterwegs?

Ich lese alles und nichts. Manchmal nehme ich bewusst Bücher mit auf die Reise, die mit dem Reiseland selbst nichts zu tun haben. Bücher sind wie Reiseapotheken: Man muss immer ein Gegengift dabei haben, etwas gegen die Trostlosigkeit. Es muss durchaus nicht Belletristik sein.

Am liebsten lese ich alte Bücher, alte Reiseberichte. Mein Favorit bis heute: Marco Polos "Wunder der Welt" - das hilft immer. In den USA hatte ich natürlich meinen absoluten Liebling Alexis de Tocqueville "Über die Demokratie in Amerika" dabei. Davon abgesehen lese ich alles, was mir reisend in die Finger kommt, von Zeitungen, Broschüren und Werbung bis hin zur Bibel in der Hotelschublade. Reine Literatur ist eher hinderlich.

Redaktion: Karin Janker

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Von Karin Janker, New York
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