Leiharbeit:Eingesetzt wie Tagelöhner

Gewerkschaftsbund beklagt Zustände bei der Leiharbeit - die Bedingungen sind hierzulande am schlechtesten in ganz Europa.

Thomas Öchsner

Leiharbeitsfirmen in Deutschland prellen Mitarbeiter um Löhne, Urlaubsansprüche und die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Dies geht aus einer Stellungnahme des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) zum geplanten Leiharbeitsbericht der Bundesregierung hervor. Dieser wird frühestens im Sommer 2009 vorliegen.

Nach Angaben des DGB sind die Bedingungen für Leiharbeiter hierzulande am schlechtesten in ganz Europa. "Um im Wettbewerb um Aufträge bestehen zu können, müssen auch vermeintlich seriöse Verleiher gegen tarifliche und gesetzliche Bestimmungen verstoßen", heißt es in der Stellungnahme, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Die Mitarbeiter wehrten sich dagegen nicht, auch weil sie befürchten, ihre Stelle zu verlieren.

In Deutschland gibt es derzeit gut 600.000 Leiharbeiter. Etwa 100.000 wurden in den vergangenen Monaten wegen des Wirtschaftsabschwungs entlassen, schätzt die Gewerkschaft Verdi. Trotzdem ist die Zahl noch fast doppelt so hoch wie Anfang 2004. Damals gab die rot-grüne Bundesregierung der Branche neue Freiheiten. Unternehmen sollten die Möglichkeit haben, Mitarbeiter je nach Bedarf von Verleihfirmen zuzukaufen und auch wieder abzubestellen.

Seitdem gibt es vor allem bei Hilfsarbeitern einen Boom: Schon heute seien 40 Prozent der "Hilfsarbeiter ohne Tätigkeitsangabe" als Leiharbeiter beschäftigt, heißt es in der DGB-Stellungnahme.

Detailliert wird darin auch beschrieben, wie Verleihfirmen Tarifverträge unterlaufen. So werden zum Beispiel Leiharbeiter eingesetzt wie Tagelöhner. Sie erhalten nur dann Geld, wenn ihr Arbeitgeber tatsächlich einen Auftrag erhält. "Nicht selten werden Arbeitnehmer gezwungen, ihren Urlaub zu verbrauchen, wenn für sie keine konkrete Einsatzmöglichkeit besteht."

Oder Verleihfirmen nutzen rechtswidrig Guthaben auf Arbeitszeitkonten ihrer Mitarbeiter, um die Verpflichtung zur Lohnfortzahlung bei Krankheit zu unterlaufen. Nicht einmal die Hälfte der Leiharbeiter ist bei ihrer Verleihfirma länger als drei Monate beschäftigt. "Dies ermöglicht den Verleihern in der Regel eine problemlose Kündigung."

Der Gewerkschaftsbund hält die Branche deshalb für "völlig unzureichend überwacht". Die Bundesregierung müsse die Rechte der Beschäftigten dringend verbessern.

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