Lebensmittel:Verschleppter Eier-Skandal

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Offiziell hat Belgien die Niederlande am 6. Juli über verseuchte Eier aufgeklärt. Doch wie jetzt bekannt wird, waren die Behörden in Den Haag offenbar schon Monate vorher informiert - blieben aber untätig.

Von Markus Balser, Berlin

Der Skandal um die mit dem Insektizid Fipronil verseuchte Eier hat offenbar viel früher begonnen, als bekannt. Die niederländischen Behörden hätten schon im November 2016 einen Hinweis erhalten, dass mit Fipronil versetztes Desinfektionsmittel in der Geflügelhaltung im Einsatz sei, hieß es am Donnerstag aus Ministeriumskreisen in Berlin. Die niederländischen Behörden seien jedoch zu der Einschätzung gekommen, dass keine Verbrauchergefährdung vorliege. Offiziell hatte Belgien die Niederlande erst am 6. Juli über ein EU-Netzwerk für Betrugsfälle im Lebensmittelbereich konsultiert. Danach waren deutsche Behörden aktiv geworden.

Damit geraten die Niederlande immer stärker unter Druck. Ähnliche Vorwürfe hatte schon Belgiens Landwirtschaftsminister Denis Ducarme erhoben. Niederländische Behörden seien bereits Ende des vergangenen Jahres über die Verunreinigungen im Bild gewesen, hätten die Information aber nicht weitergegeben. Ducarme berief sich auf ein internes niederländisches Dokument. Treffen die Angaben zu, wurden möglicherweise weit mehr belastete Eier nach Deutschland geliefert als bislang gedacht. Das Bundeslandwirtschaftsministerium hatte zunächst von bis zu 10,7 Millionen belasteten Eiern gesprochen, die in den Handel gelangt sein könnten. Niedersachsen hatte gemeldet, es seien bis zu 35 Millionen belastete Eier allein nach Niedersachsen geliefert worden.

Die Zahl der betroffenen Betriebe und der möglicherweise belasteten Eier verändere sich fortlaufend, hieß es am Donnerstag aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium. Betroffen seien derzeit 20 EU-Mitgliedstaaten sowie sechs Drittstaaten. Ein Teil der Eier wurde aus dem Verkehr gezogen. Unklar ist, wie viele bereits verzehrt oder weiterverarbeitet wurden. Anfang August begannen Behörden damit, in Deutschland eihaltige Lebensmittel zu überprüfen. Ziel ist es, insgesamt 700 Proben auszuwerten. Erste Ergebnisse legen nahe, dass Fipronil auch in die Lebensmittelkette gelangt ist. Bislang lägen 42 Proben vor. Davon sind sieben positiv. Fipronil kann Insekten schnell töten. Das Gift wird eingesetzt, um Pflanzen vor Schädlingen zu schützen oder Haustiere von Parasiten zu befreien. Wo Lebensmittel produziert werden, ist es verboten. Der Skandal hat seinen Ursprung in Belgien und den Niederlanden. Die belgische Firma Poultry-Vision hatte ein mit Fipronil gepanschtes Desinfektionsmittel an die niederländische Reinigungsfirma Chickfriend geliefert, die es offenbar in Hühnerställen einsetzte. Niederländische Betriebe exportierten belastete Eier in viele europäische Länder, vor allem nach Deutschland. Fipronil wird beim Kochen, Backen und Braten nicht abgebaut.

Die Regierung in Den Haag prüft nun auch noch, ob durch eine illegale Verwendung des Pestizids Amitraz Kalbfleisch belastet und in den Verkauf gelangt sein könnte. Das für die Nutztierhaltung nicht zugelassene Mittel sei außer dem verbotenen Insektizid Fipronil von Chickfriend zur Ungezieferbekämpfung verwendet worden, berichtete die niederländische Nachrichtenagentur ANP.

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) kündigte Konsequenzen vor in der Zusammenarbeit mit Ländern und bei der Verbraucherinformation an. "Die Erfahrungen der letzten Wochen zeigen: Beim Thema Verbraucherinformation können wir noch besser und vor allem schneller werden."

© SZ vom 25.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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