Lebensmittel-Skandal:Seehofer kündigt Meldepflicht für verdorbenes Fleisch an

Nach der Serie von Fleischskandalen in Deutschland hat der Verbraucherschutzminister Konsequenzen für die Qualitätssicherung von Lebensmitteln gefordert. Außerdem will die Regierung offenbar den Verkauf von Lebensmitteln zu Dumping-Preisen mit einer Novelle des Kartellrechts unterbinden.

Nach Angaben der Verbraucher-Expertin der Union im Bundestag, Ursula Heinen, will die Regierung den Verkauf von Lebensmitteln zu Dumping-Preisen mit einer Novelle des Kartellrechts unterbinden. Das berichtet die Berliner Zeitung.

Heinen sprach der Zeitung zufolge von kriminellen Handlungen einzelner Firmen, die unterbunden werden müssten. Die Regierung plant demnach, die Lebensmittelüberwachung stärker vom Bundesamtes für Verbraucherschutz koordinieren zu lassen und die Qualitätssicherungssysteme der Wirtschaft besser mit denen des Staates zu verzahnen.

"Der anhaltende Preiskampf im Einzelhandel führt zu Abstrichen bei der Qualität, die wir so nicht hinnehmen dürfen", sagte Heinen der Berliner Zeitung. Preise dürften nicht unter dem so genannten Einstandspreis liegen. Außerdem regte sie eine Art Kronzeugenregelung für Mitarbeiter von betroffenen Unternehmen an.

Der neue Bundesverbraucherschutzminister Horst Seehofer (CSU) hat unterdessen angekündigt, er wolle eine Meldepflicht für Firmen einführen, denen schlechtes Fleisch angeboten wurde. Er werde sich für eine Verschärfung der Regeln auf Bundes- und EU-Ebene einsetzen, wenn dies nötig sei, so Seehofer. Darüber hinaus müssten die Kontrollen besser koordiniert werden.

Seehofer forderte auch die Fleischwirtschaft auf, mit strengeren Eigenkontrollen für sichere Lebensmittel zu sorgen. In den Bundesländern müssten nun schnell Fakten zusammengetragen werden. Es müsse geklärt werden, ob es sich um eine Häufung von Einzelfällen oder um ein generelles Problem handele.

Deutsche Bauernverband fordert Task Force

Der Deutsche Bauernverband hat schnelle Ermittlungsgruppe gefordert. "Ich glaube, wir müssen so etwas wie eine Task Force haben. Ganz ausgeschlafene Jungs, die förmlich riechen, wo was zum Himmel stinkt, und sofort den Laden schließen", sagte der Vorsitzende des Fachausschusses Vieh und Fleisch im Verband, Franz-Josef Möllers, dem Sender NDR info.

Er begrüßte die Pläne Seehofers, "schwarze Schafe" öffentlich zu nennen. "Sobald sich der Verdacht erhärtet - raus damit - da kann ich ihn nur bestärken."

In mehreren Bundesländern hatten gestern Kontrolleure weitere Kühlhäuser auf der Suche nach ungenießbarem oder verdorbenem Fleisch durchsucht. In Baden-Württemberg wurden 23 größere Anlagen durchsucht. Tags zuvor war in dem Lebensmittelskandal eine Spur in den Südwesten entdeckt worden.

Ein Händler aus Baden-Württemberg hatte verdächtiges Fleisch in einem Kühlhaus in Niedersachsen lagern lassen. In Nordrhein-Westfalen war bereits am Dienstag mit der Durchsuchung von mehr als 40 Kühlhäusern begonnen worden.

Ebenso wie in Hamburg, wo elf Tonnen möglicherweise verdorbenes Fleisch beschlagnahmt wurden, waren aber bis Mittwoch keine weiteren Hinweise auf überlagertes, verdorbenes oder falsch etikettiertes Fleisch aufgetaucht.

In Düsseldorf sagte NRW-Agrarminister Eckhard Uhlenberg (CDU), der Hauptverdächtige in dem Skandal sei "ein Fleischhändler, der ein Büro in einem Hotel hat" und von dort Kühlhausflächen für Fleisch aus aller Welt anmiete.

Nur die Spitze eines Eisberges

Nach Einschätzung von Foodwatch-Sprecher Matthias Wolfschmidt sind Betrügereien im Fleischgeschäft "an der Tagesordnung". Die jüngsten Enthüllungen stellten nur die Spitze eines Eisberges dar.

Der Staat müsse das Recht der Verbraucher auf körperliche Unversehrtheit garantieren, sagte der Verbraucherschützer Thilo Bode, Chef der Organisation "Foodwatch" im ZDF. Auch billige Lebensmittel müssten genauso sicher sein wie teurere.

Der Lebensmittelskandal war ans Licht gekommen, als Ende vergangener Woche in einem Großbetrieb in Gelsenkirchen 60 Tonnen möglicherweise verdorbenes Fleisch sichergestellt wurden.

Der 39 Jahre alte Gelsenkirchener Großhändler steht im Verdacht, in großem Stil zu lange gelagertes Fleisch als Frischfleisch umetikettiert und weiterverkauft zu haben.

Die Ware war durch Farb- und Geruchsveränderungen sowie Gefrierbrand aufgefallen. Das nordrhein-westfälische Verbraucherschutzministerium und die Stadt Gelsenkirchen betonten, das seit dem 27. Oktober keine Ware des Fleischhändlers an die Verbraucher gelangt sei.

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