Langjähriger Neonazi Michael Fischer:Drygalla-Freund droht Gefängnisstrafe

Für den früheren NPD-Kandidaten Michael Fischer hat die Attacke auf eine Gedenkveranstaltung ein juristisches Nachspiel. Wie die Rostocker Staatsanwaltschaft Süddeutsche.de bestätigte, ermittelt sie gegen den 24-Jährigen und weitere Neonazis. Bei einer Verurteilung sieht das Gesetz eine harte Strafe vor.

Oliver Das Gupta

Der langjährige Neonazi Michael Fischer muss mit einem Strafprozess und - bei Verurteilung - mit einer Haftstrafe rechnen. Die Staatsanwaltschaft Rostock ermittelt gegen den Freund der Ruderin Nadja Drygalla, wie die Behörde auf Anfrage von Süddeutsche.de bestätigte. Der Verdacht laute "schwerer Landfriedensbruch", sagte Staatsanwältin Maureen Wiechmann.

Michael Fischer, langjähriger Neonazi, Freund von Nadja Drygalla

Drygallas Freund, der langjährige Neonazi und frühere NPD-Landtagskandidat Michael Fischer, fuhr mit seiner Freundin nach London während der Olympischen Spiele - und veröffentlichte sarkastische Facebook-Nachrichten, in denen er sich selbst als "Neonazi-Monster" bezeichnete.

(Foto: dpa)

Zusammen mit anderen Rechtsextremisten hatte Fischer am 25. Februar 2012 versucht, eine Gedenkveranstaltung für das Mordopfer Mehmet Turgut in Rostock anzugreifen. Der Türke war von der Neonazi-Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) erschossen worden.

Auch mögliche Schlagwaffen spielen eine Rolle bei den Ermittlungen gegen Fischer und seine Kumpane: "Die Angreifer sollen Holzlatten, Knüppel und Eisenstangen mit sich geführt haben", sagte Wiechmann. Eine Eisenstange wurde angeblich in Richtung eines Polizeibeamten geschleudert. Damals war ein Polizist am Knie verletzt worden.

Die Staatsanwaltschaft ließ offen, wann die Ermittlungen (Az.: 418 Js 5340/12) abgeschlossen werden. Klar ist: Sollte es zum Prozess kommen und Fischer für schuldig befunden werden, droht ihm Gefängnis: Das Strafgesetzbuch sieht bei einer Verurteilung eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor.

Die Neonazis waren bei der Aktion teilweise vermummt, Fischer selbst war aber identifiziert worden. Bei den Angreifern soll es sich um Aktivisten der als äußert aggressiv geltenden Kameradschaft Nationale Sozialisten Rostock (NSR) handeln.

Nach eigener Aussage hat Fischer mit der Neonazi-Szene gebrochen. Allerdings gibt es zahlreiche Indizien, die am angeblichen Ausstieg des 24-Jährigen Zweifel wecken. Fischer äußerte sich zum Ermittlungsverfahren bislang nicht, eine Anfrage der SZ blieb bislang ohne Antwort.

Verfassungsschutz beobachtete Neonazi-Gruppe um Fischer

Fakt ist: Die bisherige Neonazi-Gruppe Fischers ist eine von 16 rechtsextremen Kameradschaften, die der Verfassungsschutz Mecklenburg-Vorpommerns in seinem Jahresbericht 2010 auflistet. Darin heißt es, die NSR präge die Aktivitäten der Neonazi-Szene in der Region "maßgeblich" und zähle sich selbst offenbar zum Kreis der "autonomen Nationalisten". Die Texte auf der Internetseite der NSR ließen auf eine "verfestigte neonazistische Ausrichtung der Mitglieder" schließen.

Schmiererei Rostocker gedenken des NSU-Mordopfers Mehmet Turgut Fischer

Der Schriftzug 'Döner Mord ha ha!' in Rostock - Toitenwinkel auf einem Weg in der Nähe einer provisorischen Gedenktafel für den am 25. Februar 2004 von Mitgliedern der rechtsextremen Zwickauer Terrorzelle 'Nationalsozialistischer Untergrund' (NSU) ermordeten Mehmet Turgut geschrieben. Der 25-Jährige war in einem Döner-Imbiss erschossen worden. Das Foto wurde am 25. Februar 2012 aufgenommen - an diesem Tag gedachten etwa 150 Menschen Tatort des Mordopfers. Eine Gruppe von Neonazis rückte mit Schlaggeräten an und versuchte, die Veranstaltung zu stören.

(Foto: Thomas Häntzschel/dapd)

Die anonymen Verfasser der Internetseite betonen, sie würden keinen Wert auf reine Mitläufer der rechten Szene legen, sondern suchten Anhänger, die ihre Überzeugung tatkräftig zum Ausdruck zu bringen bereit sind. Der Internet-Auftritt bietet Links zu Portalen, die unter anderem von den NPD-Landtagsabgeordneten Tino Müller und David Petereit verantwortet werden.

Fischer publizierte mehrere Artikel auf dem von Petereit betriebenen Portal MUPinfo, den letzten im Juni. Im vergangenen Jahr kandidierte er bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern für die NPD und steht Petereit nahe, der als stellvertrender NPD-Landeschef fungiert. Petereit bestätigte auch, dass Fischer die NPD im Mai verlassen hat. Petereit betreibt nebenher einen Versand, in dem CDs mit Titeln wie "Kanaken zerhacken" vertrieben werden.

Ruderverband zog Antrag für Drygalla-Sportförderung zurück

Fischers Freundin, die Ruderin Nadja Drygalla, war vor den Olympischen Spielen zur Aufnahme in die Sportförderung der Bundeswehr vorgesehen, dieser Antrag wurde aber am 2. August vom Deutschen Ruderverband zurückgezogen. Das bestätigten Bundeswehrkreise am Mittwoch. Weiter hieß es, Drygalla werde damit nicht zum freiwilligen Wehrdienst eingezogen. Das könne sich aber auch wieder ändern. "Dies ist ausschließlich Sache der Sportverbände und von Frau Drygalla."

Drygalla war während der Spiele nach einem Gespräch mit der deutschen Teamleitung über ihre Beziehung zu einem früheren NPD-Funktionär freiwillig von den Sommerspielen in London abgereist. Am Sonntag hatte sich die Sportlerin öffentlich und deutlich von der rechten Szene distanziert. Sie versicherte, sie habe "nie dazugehört". Der Deutsche Ruderverband hatte angekündigt, zunächst weitere Erkenntnisse der Sicherheitsorgane sammeln zu wollen, ehe über die Zukunft Drygallas entschieden werde.

Mit Material von AFP und dpa.

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